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Zufälle wiesen Maik Wagner häufig den Weg und führten ihn in die richtige berufliche Richtung – immer mehr in die Musik hinein. Obwohl der Musiklehrer sich selbst als „Spätzünder“ bezeichnet, ist der rote Faden im Werdegang des 54-Jährigen erkennbar. Am Sportgymnasium Dresden zeigt er angehenden Spitzensportlerinnen und -sportlern, dass ein großes Talent im Leben keineswegs den Verzicht auf das Entdecken neuer Leidenschaften bedeuten muss.
Am Wochenanfang stehen die Chancen für die Schüler des Sportinternats im Schulkomplex gut, den Sound von Schlagzeug, Saxophon, Gitarre und Keyboard auf dem Campus-Hof zu hören. Dann probt die Montagsband. Die Organisation der Termine ist ein Kunstwerk, denn es ist Flexibilität in der Besetzung oder Koordination der Zeitfenster gefragt. Wegen der vielen Trainings und Wettkämpfe kann nicht jede und jeder regelmäßig dabei sein.
Im Sommer 2022 zerfiel mit dem Weggang eines Musiklehrers die bisherige Schulband. Das Aus? Nur für ein paar Monate. Dann ergriffen Schüler die Initiative, kamen auf Maik Wagner zu und wollten wissen: „‘Würden Sie uns unterstützen? Wir wollen der Erzieherin im Internat ‘Mit 66 Jahren’ spielen.’ Ich habe mir gedacht: Oh, cool.”
Die Noten wurden für Klavier, Bass, E-Gitarre, Schlagzeug und Klarinette arrangiert. Maik Wagner und die Montagsband legten erneut los. Anfang Dezember spielten sie der Erzieherin zum Geburtstag den Udo-Jürgens-Gassenhauer vor. “Danach stellte sich die Frage: Wollen wir weitermachen?” Die Antwort war ein eindeutiges Ja. “Seitdem läuft das.” Maik Wagner gab die ersten Anstöße zur Musikauswahl; längst äußern die Schüler eigene Wünsche. “Gestern waren wir nur Klavier, Saxophon oder Klarinette, zwei Mal Gesang und ich an der Gitarre. Aber wir haben trotzdem gearbeitet. So ist das alles aus Schülerinitiative entstanden.”
Die Bandmitglieder und der Sound motivieren im Idealfall die nächsten, selbst mitzumachen. Insbesondere jener Eishockey spielende Schüler, der “völlig selbstverständlich” seine Klarinette mit sich herumträgt und spielt, sei ein großes Vorbild für die anderen. Er trage viel dazu bei, dass die Mitschülerinnen und Mitschüler sich ebenfalls ausprobieren. Zwischenzeitlich gab es, nach der Montagsband, sogar eine Dienstagsband, die “immerhin für knapp 30 Minuten” einmal in der Woche in der 9. Stunde zusammenkam.
Weihnachtsaufführung der Schüler eines 12er-Kursus‘ am Sportgymnasium Dresden mit Musiklehrer Maik Wagner an der Gitarre (im Sitzen) Foto: Silvio Henker
Das Gesetz der Anziehung wirkte einst bei Maik Wagner selbst. Obwohl er in seiner Schulzeit Musikunterricht hatte, war er “kein klassisches Musikschulkind”. Mit der eigenen Musikleidenschaft ging es mit 17 Jahren in Wagners Berufsschulzeit während seiner Ausbildung zum Landmaschinen-Traktorenschlosser und mit “den ersten beiden Zufällen” los. Der FDJ-Sekretär der Berufsschule, der in Leipzig selbst Musik machte, und die Band “Die Findlinge” beeindruckten ihn. Ein anderer Lehrer spielte im Gitarrentrio “Zartbitter”. “Sie haben tolle Sachen von Edith Piaf gesungen und so mit den drei Gitarren musiziert, dass ich mich gefragt habe: Wie kann man da bloß so viel herausholen?”
Die “Zartbitter-Freitagsbühne” in einem Jugendklub, das “Duo Sonnenschirm” mit Jürgen B. Wolf aus Leipzig und das Tanz- und Folkfest in Rudolstadt prägten Maik Wagner ebenfalls. “Ich hatte Kontakt zu Leuten, die so einen kleinen Gitarrenkurs machten und mir was zeigen konnten. Da kam bei mir der Wunsch auf, selbst Musik zu machen.” Das gelang. “Ich habe schon nur mit laienhafter Ahnung in den verschiedensten Bands Musik und Straßenmusik gemacht, bin zu Töpfermärkten und so was gefahren und habe dort gespielt.”
Mitten in der Wende studierte er an der Fachschule für Sozialpädagogik Hohenprießnitz. Seine Anstellung als Sozialarbeiter und Jugendhausleiter ließ er schließlich aber ebenfalls hinter sich. Es folgte ein weiterer glücklicher Zufall. Ein Freund machte ihn auf Möglichkeit aufmerksam, sich im Heinrich-Schütz-Konservatorium in Dresden zum Musikpädagogen im Nebenberuf ausbilden zu lassen. Weil Wagner “ein bisschen Mandoline” spielte, wurde er damit sofort im Hauptfach und mit Gitarre im Nebenfach zugelassen. Nach dem Abschluss gab es allerdings einen Wertmutstropfen: “Man hatte nur eine Lehrbefähigung bis zur U1.”
Maik Wagner beschloss, “das Ganze auf bessere, zukunftssichere Füße” zu stellen. “Sicher war es wieder Zufall, dass mir jemand steckte, dass ich in Cottbus auch in meinem Alter, mit über 30, noch studieren konnte.” Das Musikpädagogikstudium in den Hauptfächern klassische Gitarre, musikalische Früherziehung und Mandoline im Nebenfach an der BBU Cottbus-Senftenberg war auf Vollzeit angelegt. Schwierig für jemanden, der Haus und Familie – ohne BaFöG – weiterfinanzieren musste. Doch Kolleginnen und Kollegen aus der Musikschule, an der er inzwischen unterrichtete, bestärkten Wagner. Er tüftelte sich einen strapaziösen Wochenplan aus: vormittags Pendeln und Studium in Cottbus, nachmittags die Arbeit als freiberuflicher Gitarrenlehrer an Musikschulen. “Ich habe mir viele, viele Semesterpläne im Vorfeld angeschaut.”
Ein Kollege coachte Wagner für die Aufnahmeprüfung. “Ich habe mir gesagt, mir rennt nichts weg, wenn ich mich wirklich gut vorbereite und mir anderthalb Jahre Zeit nehme.” Der Erfolg gab ihm Recht. “Zu meinem eigenen Erstaunen bin ich allen Ernstes angenommen worden und habe mit 36 mein Hochschulstudium begonnen.” Er genoss es trotz des anstrengenden Timings: “Man studiert in dem Alter mit einem ganz anderen Bewusstsein. Ich war immer dankbar, dass ich das noch machen darf. Ich habe alles aufgesogen. Für mich war das einfach nur schön und ganz, ganz viel Input.”
Maik Wagner (hinten rechts) bereitete sich als Stellvertreter in den Klassen 6-1 bis 6-3 im Schuljahr 2023/24 auf die Übernahme eigenen ersten Klasse im folgenden Schuljahr vor. Foto: Sven Leibiger
Maik Wagner setzt sich nun seit 2018 als Lehrer am Sportgymnasium Dresden stark für die Musik im Schulalltag ein. Die jahreszeitlichen Höhepunkte wie Schuljahresbeginn, Weihnachten oder Schulabschied sollen begleitet werden. “Das gehört für mich einfach dazu.” Dadurch kommen immer viele Wünsche, Anlässe und Probentermine auf ihn zu. Umso wichtiger ist es ihm, mit den eigenen Ressourcen pfleglich umzugehen: “Ich mache das sehr, sehr gerne. Aber obwohl ich mich dazu berufen fühle, ist das meine Arbeit und nicht meine Freizeitbeschäftigung.”
Für alle Beteiligten ein erstes Mal: Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5-1 starteten zum Schuljahr 2024/25 neu im Sportgymnasium Dresden, und Maik Wagner leitet zum ersten Mal eine eigene Klasse. Foto: Sven Leibiger
Die späte Liebe zum Lehrer-Sein an einer staatlichen und überdies spezialisierten Schule trägt, allen Anforderungen und Belastungen zum Trotz. Im Sportgymnasium sieht Wagner, gerade wegen des komplett anderen Fokus’, welche Wirkung die Musik auf die Schülerinnen und Schüler hat. “Sie sollen merken, dass sie nicht nur im Sport begabt sind. Wenn sie gut sind, haben sie oft noch andere Talente. Natürlich braucht man auch eine kleine Begabung, aber am Ende ist es ein Prozess. Das ist die wesentliche Sache bei Musik.”
Was ist das Schönste für Maik Wagner in seinem Beruf? Nach sieben Jahren als Lehrer In Sachsen? “Wenn ich abends zu meiner Frau sagen kann: Es war heute wieder toll, vor der Klasse zu stehen und das und das mit den Schülerinnen und Schülern zu machen. Da ist etwas hängengeblieben, angekommen, sie haben das verstanden. Es ist einfach spannend zu sehen, wie sich Denkmuster bei den Schülerinnen und Schülern ändern, wie sie erwachsen werden. Und ich weiß: Ich habe vielleicht ein kleines Puzzleteil mit dazugelegt.”
Unterschätzt nicht, was das Lehrer-Sein zeitlich bedeutet. Es ist keine 40-Stunden-Woche, wenn man es gut und engagiert macht. Schaut genau hin, was ihr wirklich leisten könnt. Könnt ihr zum Beispiel den Aufwand von Zusatzaufgaben wirklich richtig einschätzen? Fangt mit wenig an. Mehr geht immer noch.
Wenn man vor 21, 24 oder 28 jungen Menschen steht, muss man sehr gut vorbereitet sein. Die Schülerinnen und Schüler merken das sonst sofort und dann wird es problematisch.
… zu euch selbst und zu den anderen. Sucht das Gespräch, klärt Konflikte und redet nicht hinter dem Rücken anderer.
An einer Schule werden die Grundsteine für die Bildung gelegt, die junge Menschen mit formt und prägt. Ihr seid dafür zuständig, sie dabei zu begleiten und ihnen Wissen und Werte zu vermitteln.
Am Rande der Sächsischen Schweiz, in der Nähe der Landeshauptstadt Dresden und unweit der tschechischen Grenze liegt Pirna. Dort befindet sich das Friedrich-Schiller-Gymnasium. Die Besonderheit? Seit 25 Jahren bietet das Gymnasium eine binationale deutsch-tschechische Ausbildung an.
Da Pirna nur 20 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt ist, legt das Friedrich-Schiller-Gymnasium großen Wert darauf, die Partnerschaft mit dem Nachbarland lebendig zu halten. Ein gemeinsames Sprachverständnis ist dabei essenziell. Sprache öffnet Türen, baut Brücken und ist der Schlüssel für einen kulturellen Austausch.
Bereits ab der fünften Klasse haben einige Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums die Möglichkeit, Tschechisch als zweite Fremdsprache zu wählen. Ab der siebten Klasse lernen tschechische und deutsche Schülerinnen und Schüler dann gemeinsam in einer Klasse. Neben Deutsch und Tschechisch kommt dabei häufig Englisch zum Einsatz. „Für uns ist es ganz wichtig, dass wir auch authentische Anlässe schaffen, Englisch miteinander zu sprechen. Anfangs vor allem da, wo Tschechisch und Deutsch noch nicht ausreichen“, erzählt Schulleiter Kristian Raum.
Gemeinsam lernt es sich besser: Unterricht auf Deutsch und Tschechisch ist am Schiller-Gymnasium ganz normal. Foto: Friedrich-Schiller-Gymnasium
Ziel der binationalen Ausbildung ist es, Abiturientinnen und Abiturienten etwas Sinnvolles für ihr Leben mitzugeben. „Die Schülerinnen und Schüler sollen unser Gymnasium als kleine Weltbürger verlassen.“ Dazu gehört auch, dass die deutschsprachigen Schulabsolventen und -absolventinnen am Ende des binational-bilingualen Bildungsgangs gut Tschechisch und die tschechischen gut Deutsch sprechen. Pro Jahrgang hat jeweils eine Schulklasse die Möglichkeit der zweisprachigen Ausbildung – die anderen vier Klassenstufen werden auf Deutsch unterrichtet und können zwischen den Fremdsprachen Tschechisch und Französisch wählen.
Angegliedert an das Gymnasium ist ein eigenes Internat, in dem 85 vor allem tschechische Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit leben. „Wir würden uns freuen, wenn auch deutsche Schülerinnen und Schüler das Angebot nutzen, weil es eine wunderbare Möglichkeit ist, außerunterrichtlich tschechisch zu lernen.“ Deshalb plant das Gymnasium, künftig etwa auch einen wochenweisen Einzug in das Internat zu ermöglichen, um deutschsprachigen Schülerinnen und Schülerin so ebenfalls mehr Chancen zu bieten, ihre Sprachpraxis zu verbessern.
Der Austausch zwischen dem Gymnasium und Tschechien ist sehr eng. So besteht beispielsweise eine Partnerschaft zu einer tschechischen Schule in Mělník, unweit von Prag. Zwischen den Schulen finden regelmäßig Schüleraustausche statt, die bei den Schülerinnen und Schülern sehr beliebt sind. „Wir haben den zentralen Vorteil, dass wir nur eine halbe Stunde fahren müssen und uns dann bereits im Zielland befinden. Das wollen wir künftig noch mehr nutzen, um die interkulturelle Kompetenz bei den Schülern weiter zu stärken.“
Es dürften gern noch ein paar mehr deutsche Schülerinnen und Schüler werden: Das Internat des Schiller-Gymnasiums Pirna bietet 85 Plätze und viele Möglichkeiten, den deutsch-tschechischen Austausch auch in der Freizeit intensiv zu pflegen. Foto: Friedrich-Schiller-Gymnasium
So wie viele Schulen im ländlichen Raum hat das Friedrich-Schiller-Gymnasium in Pirna mit Lehrermangel zu kämpfen. „Wir haben dieses Schuljahr Glück, dass es halbwegs geht und helfen uns viel mit Seiteneinsteigern, die wirklich tolle Arbeit machen.“ Dennoch: Durch den bevorstehenden Renteneintritt einiger Kollegen und Kolleginnen wird der Bedarf an Lehrkräften am Gymnasium in absehbarer Zeit merklich steigen. Dies trifft auf zahlreiche eher ländliche Regionen Sachsens zu. Deshalb sind die Chancen dort ebenso wie am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Pirna eine Stelle zu finden, besonders gut.
Fragt man den Schulleiter, warum sich ein Praktikum, Referendariat oder der Berufseinstieg am Friedrich-Schiller-Gymnasium lohnt, zögert er nicht lange: „Wir sind im Herzen Europas. Das merkt man im Kollegium. Alle sind sehr hilfsbereit und kollegial.“ Insgesamt sind 17 tschechische Lehrkräfte am Gymnasium beschäftigt – das Beherrschen der tschechischen Sprache ist jedoch keine Voraussetzung, um dort zu arbeiten.
Wer seine Lehrerinnen und Lehrer hegt und pflegt, hat mehr von ihnen: Das Schiller-Gymnasium richtete mehrere Ruheräume ein, in die sich die Lehrkräfte zur Erholung zurückziehen können. Foto: Friedrich-Schiller-Gymnasium
Auch das Thema Lehrergesundheit liegt Kristian Raum sehr am Herzen. „Wir haben Ruheräume eingerichtet, in die sich die Lehrkräfte zurückziehen können. Darüber hinaus haben wir jetzt auch ein betriebliches Gesundheitsmanagement entwickelt, das zur Lehrergesundheit beitragen soll.“
Für die Zukunft wünscht er sich ein demokratisches Miteinander und eine offene Diskussionskultur, in der Unterricht und Schulalltag gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern gestaltet werden.
Ich treffe Fidaa, einen groß gewachsenen jungen Mann mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, zum Gespräch in seinem Klassenzimmer. Claudia ist über Videotelefonie zugeschaltet. Die Wände von Fidaas Klassenzimmer sind in freundlichen grünen und gelben Pastelltönen gestrichen. Hinter ihm Kritzeleien an der Tafel. Die Sonne blinzelt durch die Vorhänge – ein ruhiger Frühsommermorgen in Chemnitz.
Fidaa Alburbar wurde vor 33 Jahren in Gaza geboren. Nach seinem Abitur ging er nach Ägypten, um Tourismus zu studieren. Kurz nachdem er 2014 nach Gaza zurückkehrt, bricht der Krieg aus. Fidaa flieht über Libyen und das Meer bis nach Deutschland, wo er Wochen später in München ankommt. Zusammen mit 15 anderen Geflüchteten wird er der Stadt Chemnitz zugewiesen. Der Anfang ist holprig: Fidaa muss mehrmals das Heim wechseln und lebt ein Jahr lang mit drei anderen Palästinensern in zwei Zimmern. Sein erster Job in Deutschland: Putzen für 1 Euro die Stunde.
Um in Deutschland selbstständig sein zu können, hat er ein großes Ziel: Deutsch lernen. Er erkundigt sich gemeinsam mit einem syrischen Freund bei der Volkshochschule; wenig später beginnt er dort einen Deutschkurs, den er selbst finanziert und in Raten abbezahlt. „Um Geld zu sparen, habe ich ein paar Monate auf das Busticket verzichtet und bin 45 Minuten vom Heim zum Kurs gelaufen – das war okay für mich. Ich habe das gerne gemacht“.
Bald darauf findet Fidaa über das Sozialamt die Möglichkeit, in einer kreativen Holzwerkstatt zu arbeiten. „Da waren viele Rentnerinnen, die in der Holzwerkstatt gebastelt haben, um sich die Zeit zu vertreiben – die haben viel geredet“, sagt Fidaa und lacht, so habe er die ersten sächsischen Worte gelernt. „Die alten Damen waren toll! Die haben sich immer gestritten, wer mir als nächste Geschenke mitbringen darf“. Deshalb habe er sie immer liebevoll „meine Omas“ genannt. Auf Bitten des Werkstattleiters bleibt Fidaa im Betrieb und hilft anderen Geflüchteten: So hat er angefangen zu übersetzen.
Als er einen weiteren Deutschkurs beginnt, besucht er vormittags den Kurs und arbeitet nachmittags ehrenamtlich als Dolmetscher: „Das war eine gute Zeit. Ich habe viel über das deutsche System gelernt“. Sein Lohn? „Manchmal habe ich dafür Fahrkarten bekommen“.
Im Jahr 2016 erhält Fidaa eines Tages einen Anruf von einem Freund: AGIUA e. V. sucht Sozialarbeiter für das Projekt „Soziale Betreuung von Asylsuchenden“. Er bewirbt sich und bekommt den Job. „Dort habe ich Familien bei Behördengängen geholfen, Anträge ausgefüllt oder ihre Kinder in der Schule angemeldet“. Dreieinhalb Jahre arbeitet er dort als Betreuer – sein erster richtiger Job in Deutschland!
Claudia Elsner ist Koordinatorin für Migration beim sächsischen Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) am Standort Chemnitz. Fidaa kennt sie zu diesem Zeitpunkt bereits gut, er hat schon einige Male für sie im LaSuB übersetzt. Als Fidaa bei ihr eine freie Stelle als Sprach- und Integrationsmittler in der Schulassistenz in Sachsen sieht, bewirbt er sich direkt. „Als Fidaa sich bewarb und ich ihn zum Gespräch einlud, dachte ich: ,Der kommt bestimmt nicht pünktlich, weil wieder was ist‘ – das kann durchaus passieren, wenn man Leute aus anderen Kulturkreisen einstellt. Das ist oft ein K. O.-Kriterium; da kann der Mensch sein, wie er will. Aber das habe ich hier direkt vom Tisch genommen. Man kann nicht erwarten, dass sich jeder vom ersten Tag an wie ein Deutscher verhält!“
Seit 2019 ist Fidaa nun Sprach- und Integrationsmittler an der Oberschule „Am Körnerplatz“ in Chemnitz. Wie sieht sein Alltag aus? „Mein Tag beginnt um 7.30 Uhr in der Schule. Dann schaue ich, was ansteht. Mein Dienstsitz ist zwar hier an der Oberschule, aber ich unterstütze auch alle anderen Schulen im Landkreis Chemnitz, Erzgebirge und Mittelsachsen“.
Ein wichtiger Teil seiner täglichen Arbeit: das Übersetzen. Sei es bei Elternabenden, Beurteilungsgesprächen oder auch mal am Telefon.
In den Schulpausen ist Fidaa in dem ihm zugewiesenen Raum: „Die Kinder kommen zu mir und stellen viele Fragen. Manchmal geht es um das Ausfüllen von Anträgen, um die Schulfahrkarte oder Probleme mit anderen Kindern – dann trommle ich alle zusammen und versuche, das Problem zu lösen“.
Für seine Arbeit als Sprach- und Integrationsmittler bringt Fidaa viele Eigenschaften mit, die Lehrer nicht unbedingt haben: „Ich komme aus dem gleichen Kulturkreis wie viele der Kinder mit Migrationshintergrund – dadurch schaffe ich Verständnis und Identifikation. Ich bin ihr Vorbild und das Bindeglied zwischen Deutschland und ihrer Herkunft, zwischen der deutschen und der arabischen Sprache.“
Wenn es an der Schule Probleme gibt, denkt Fidaa manchmal an seine eigene Schulzeit zurück: „Ich erinnere mich noch gut und weiß, dass man manchmal nicht alles so meint, wie man es sagt. Ich hatte früher auch ab und an Schwierigkeiten und weiß daher, dass man die Menschen, die einem aus der Patsche helfen, nie vergisst“.
Frau Elsner fügt anerkennend hinzu, dass Fidaa einen einzigartigen Einfluss habe: „Es gibt noch weitere arabische Sprachmittler, zwei von ihnen waren in ihrem Heimatland bereits Lehrer – aber die Position des Lehrers ist nicht dieselbe wie die des Sprach- und Integrationsmittlers“. Nicht umsonst gehöre diese Position zu den Schulassistenten; das sei ein anderer Menschenschlag als Lehrer, nämlich auf Augenhöhe mit den Schülern. „Die Kinder glauben Fidaa, wenn er sagt: ,Ich war einer von euch!‘“
Eine von Fidaas großen Herausforderungen ist es, gegenseitiges Verständnis zu schaffen: bei den arabischen Familien für das System in Deutschland, bei den Deutschen für die Kultur dieser Menschen. Um dies zu erreichen, initiierte er einen arabischen Elternabend in der Stadt Chemnitz. Die Volkshochschule stellte einen Raum zur Verfügung, der Imam wurde eingeladen. Claudia Elsner übernahm den rechtlichen Teil, die Hauptverantwortung für die Organisation lag bei Fidaa.
„Mein Ziel war es, zu zeigen, dass die Schule nichts Böses will, dass auch das deutsche Jugendamt nichts Böses will“, sagt Fidaa. Und Frau Elsner ergänzt: „Wir wissen, dass es in Sachsen viel Ausländerfeindlichkeit gibt, aber man kann auch nicht immer alles darauf schieben“.
Und Fidaas Engagement geht noch weiter: Seit diesem Schuljahr hat er die Basketball-AG der Schule übernommen. Beim letzten Ostercamp in Chemnitz, der ‚Raise Up Academy‘ unter der Leitung von Profispieler Malte Ziegenhagen, nahmen auch Flüchtlingskinder teil. Darunter ein Kind aus Venezuela, das vorher noch nie Basketball gespielt hatte. „Schon am zweiten Tag war er einer der Besten! Das war eine große Überraschung. Sogar Bundesligaspieler sind auf ihn aufmerksam geworden und er hat einen Preis gewonnen. Da war ich einen Monat lang glücklich“, berichtet Fidaa gerührt. Und weiter: „Ich versuche, so viel wie möglich für die Kinder zu tun. Ich selbst komme aus einem Flüchtlingsgebiet. Dort haben wir auch Sport getrieben: auf der Straße mit einer Socke statt einem Ball“. Für viele Kinder sei Sport selbstverständlich, für manche sei er ein Wunder.
Fragt man Fidaa, wie er das alles geschafft hat, antwortet er ernst, aber mit sanfter Stimme: „Weil ich bisher viele gute Menschen um mich hatte. Dank ihnen konnte ich viel Gutes erreichen. Dafür bin ich sehr dankbar“.
Dank seiner Ausdauer und seines Engagements hat Fidaa inzwischen sogar die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.
MINT: Das steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – und für einen akuten Lehrermangel an sächsischen Schulen sowie ein Ungleichgewicht der Geschlechter. Wo und für welche Schularten man in Sachsen MINT-Fächer auf Lehramt studieren kann, erfährst du hier.
Das wird kaum überraschen: In den jahrzehntelang männlich-dominierten MINT-Fächern gibt es immer noch ein deutliches Geschlechterungleichgewicht, männliche Studierende sind nach wie vor in der Mehrheit.
Nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung liegt der Anteil der Studienanfängerinnen in den MINT-Fächern bei 25 Prozent im Bachelorstudium und bei 36 Prozent im Masterstudium.
Das klingt wenig; und doch stellt das Statistische Bundesamt einen positiven Aufwärtstrend bei der Geschlechterverteilung insgesamt fest: Waren es 2001 bundesweit nur 30,8 Prozent Studienanfängerinnen in den MINT-Fächern, haben sich 2021 knapp 4 Prozent mehr weibliche Studierende immatrikuliert.
Ob bei der Bewältigung des Klimawandels, dem Vorantreiben der Energiewende oder der Bekämpfung von Pandemien – Fachkräfte in den MINT-Fächern sind gefragter denn je. Und das nicht nur in Forschung und Praxis, sondern vor allem auch in den Schulen, wo die neue Generation heranwächst und Zukunftsvisionen als Ziele gesetzt werden.
Auch wenn der Anteil der MINT-Studentinnen langsam steigt, so ist die Zahl aller MINT-Studierenden laut Statistischem Bundesamt allein im Jahr 2021 bundesweit um 6,5 Prozent gesunken – ein Abwärtstrend, der die Bildungspolitik in Bund und Ländern beunruhigt und dem es entgegenzuwirken gilt.
In Sachsen kann man die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Biologie, Chemie, Physik und verschiedene technische Fächer an der Universität Leipzig sowie an der TU Dresden studieren.
Achtung: Studieninhalte und Fächerkombinationen können sich von Fach zu Fach und von Universität zu Universität unterscheiden.
Im Folgenden findest du eine Übersicht des Studienangebots für MINT-Fächer auf Lehramt in Sachsen:
In den schönen Tälern der Mandau und des Leutersdorfer Wassers liegt das sächsische Seifhennersdorf im Landkreis von Görlitz. Die Tschechische Republik ist nur einen Katzensprung entfernt, und auch nach Polen ist es nicht weit. Hier befindet sich das Oberland- Gymnasium Seifhennersdorf, das derzeit rund 500 Schülerinnen und Schüler unterschiedlichster Herkunft besuchen: Neben italienisch-, russisch-, englisch- oder polnischsprachigen auch zahlreiche Kinder und Jugendliche aus dem benachbarten Tschechien: „Wir sind ein Sinnbild für gelebte Euroregion“, so die Schulleiterin Frau Keller.
Die sprachliche Einzigartigkeit beeinflusst den Schulalltag positiv: Mit dem tschechischen Gymnasium in Rumburk besteht eine Partnerschaft, die Schule bietet verschiedene Austauschprojekte an und nimmt jedes Jahr am trinationalen Camp Lanterna Futuri teil. Das Programm vernetzt Lernorte im Dreiländereck und schafft Begegnungen zwischen Menschen in der Neißeregion.
Neben dem gelebten Europagedanken engagiert sich die Schule – auch auf Initiative der Schülerinnen und Schüler – in Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit: „Der Antrag zur Klimaschule ist durch! Wir haben einen Ökogarten und seit Juni haben wir die ‚Schulbienen‘, die von unseren Imker-GTA betreut werden. Hier arbeiten wir fachlich eng mit dem Zentrum Ostritz zusammen“, so Frau Keller stolz.
Ganz im Sinne des Teamgeistes bietet das sächsische Gymnasium ein breit gefächertes Sportangebot: Von Skikursen über Inlineskating und Floorball bis hin zu Leichtathletik und Geräteturnen. Nicht unerwähnt bleiben soll die lange Volleyballtradition der Schule, die neben modernen Außensportanlagen auch über einen Kraftraum verfügt – für Schüler und Lehrer!
Neben dem Gemeinschaftssinn innerhalb der Schule spielt auch das soziale Engagement nach außen eine große Rolle: Beim ‚Lauf gegen den Hunger‘ werden unter anderem 50 Prozent an den Kinderschutzbund in Zittau gespendet: „Die Schülerinnen und Schüler stehen voll dahinter und fordern das soziale Engagement auch ein; ihnen ist bewusst, dass es ihnen hier in Seifhennersdorf besser geht als anderen“, so Frau Keller und weiter: „Hier gibt es keine Einzelkämpfer, wir packen die Dinge gemeinsam an!“
Fragt man die Schulleiterin, was das Leben an ihrer Schule ausmacht, zögert sie nicht lange: „Wir sind wie eine Familie!“ An der Schule gebe es kurze Wege zu allen Ansprechpartnern, immer ein offenes Ohr und man kenne sich schnell sehr gut. „Bei uns ist niemand nur eine Nummer. Hier wird jeder gehört, kann sich einbringen und wird dabei von uns unterstützt. Unsere Schule ist familiär, innovativ und offen“.
Viele der Schülerinnen und Schüler seien zudem sehr heimatverbunden, also „Dorfkinder im positiven Sinne“. Das Gewaltpotenzial sei gering und Probleme im Schulalltag gebe es selten. Damit das auch so bleibt, wird in unterschiedliche Präventionsmaßnahmen investiert.
Warum es sich außerdem lohnt, für ein Praktikum, ein Referendariat oder gar als Lehrer nach Seifhennersdorf zu kommen? „Ganz klar wegen der Natur: Das Zittauer Gebirge liegt vor der Haustür und zahlreiche Seen in der Umgebung – ein wahres Paradies für Sportler!“
Wer glaubt, in der Region kulturell isoliert zu sein, der irrt; Dresden mit seinem wertvollen Kulturangebot liegt gleich um die Ecke. Ein weiterer Pluspunkt ist der verfügbare und vergleichsweise günstige Wohnraum.
Was wünschen sich Frau Keller und ihre Kolleginnen und Kollegen für die Zukunft des Oberland-Gymnasiums Seifhennersdorf? „Offene und engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die die weite Welt nach Seifhennersdorf bringen, damit unsere Schülerinnen und Schüler Seifhennersdorf in die Welt hinaustragen können“.
Der Mensch bleibe zu häufig in seiner Komfortzone und gerade der ländliche Raum biete ungeahnte Chancen für Städter – „Habt Mut!“ lautet der Appell aus dem kleinen, aber feinen Seifhennersdorf in die Welt.
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