Lara Schreck ist Sonderpädagogik– und Musik-Studentin und hat ihr Ziel vor Augen: In einigen Jahren Lehrerin im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung oder Lernen zu sein. Die 23-Jährige verließ sich bei der Entscheidung für ihre Studienfächer auf ihr Gefühl und zog kurzerhand von Dortmund nach Leipzig. Nach einem Wechsel vom Schwerpunkt Sozial-Emotionale Entwicklung zu Geistige Entwicklung ist sie rundum glücklich mit ihrer Wahl, ihrer bisherigen Praxiserfahrung und vor allem damit, was ihr die Kinder zurückgeben.

 

Achtung, Longread! In sieben Minuten gibt es dafür aber auch einen tieferen Einblick ins Sonderpädagogikstudium und in die Unterrichtspraxis.

Lara, du studierst Sonderpädagogik mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung und das Fach Musik in Leipzig. Wie läuft das ab?

 

Ich bin im zehnten Semester. An der Universität Leipzig absolviere ich die erziehungswissenschaftlichen, didaktischen und fachlichen Module im Bereich Sonderpädagogik und Grundschule: Mathe, Deutsch, Sachunterricht.  An der HMT, der Hochschule für Musik und Theater ‚Felix Mendelssohn Bartholdy‘, studiere ich dazu im vierten Fach Musik. Insgesamt sieht das Studium sechs Pflichtpraktika vor. Davon sind zwei Blockpraktika, die ich an der Westlausitzschule Kamenz mit dem Förderschwerpunkt Lernen und an der Helene-Haeusler-Schule in Berlin jeweils vier Wochen lang gemacht habe. Gerade bin ich in meinem letzten semesterbegleitenden Pflichtpraktikum an der Karl-Neumann-Schule, Förderzentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, in Eilenburg. Im Sommer 2026 werde ich das erste Staatsexamen machen und könnte mir aktuell gut vorstellen, anschließend in den zweijährigen Vorbereitungsdienst zu gehen. 

Du bist für dein erstes Blockpraktikum in den Landkreis Bautzen gegangen. Wolltest du bewusst so richtig aufs Land?

 

Ich komme ursprünglich aus Dortmund, einer Stadt mit einem großen Stadtgebiet. Ich bin 2020 nach Leipzig gezogen und habe gar nicht unbedingt daran gedacht im ländlichen Raum ein Praktikum zu machen. Der Platz in Kamenz wurde mir über das zentrale Praktikumsportal zugeteilt. Ich habe in einem noch kleineren Ort, in Crostwitz, gewohnt und besonders die Landschaft und die Natur genossen. Ich wurde morgens vom Hahn geweckt, konnte zwischen den Feldern joggen und abends die Pferde auf der Weide streicheln. Es gab viele schöne Situationen: Ich bin zum Beispiel von meiner Vermieterin spontan auf den Geburtstag ihres Mannes eingeladen worden und fand mich abends mitten in einer Familienfeier wieder.

 

Ich hatte ein Auto in dieser Zeit zur Verfügung, sodass ich zur Schule pendeln und auch mein E-Piano mitnehmen konnte. Es war gut, dass die Perspektive Land, ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus, das finanziell unterstützt hat, weil ich in den vier Wochen vor Ort wohnen musste und Mehrkosten hatte. Für Perspektive Land habe ich in der Zeit in Kamenz auch den Praktikumspodcast übernommen und über meine Erfahrungen berichtet.

 

Mit dem zweiten Blockpraktikum in Berlin lief es anders. Mir war eine Krankenhausschule in Sachsen zugeteilt worden, nur konnte die Schule mir keine Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt garantieren. Das ist aber eine formale Voraussetzung. Selbst Schulen anzufragen ist in Sachsen nicht erlaubt, in anderen Bundesländern dagegen schon. Also habe ich mich informiert, mich in Berlin initiativ bei einigen Schulen beworben und mich dann für die Helene-Haeusler-Schule entschieden.

 

Wie kamst du zu deiner Studienfach-Entscheidung für Sonderpädagogik? Haben dich Lehrerinnen oder Lehrer motiviert?

 

Ich habe 2020 mein Abitur gemacht und hatte die Leistungskurse Pädagogik und Biologie. Ein Studium im naturwissenschaftlichen Bereich wäre für mich genauso denkbar gewesen. Dann kam Corona. Ein FSJ, ein Freiwilliges Soziales Jahr, im Ausland ging nicht, die Möglichkeiten, sich auszuprobieren, waren begrenzt. Da ich schon in der Kinder- und Jugendarbeit in meiner Freizeit aktiv war und länger den Gedanken hatte, Sonderpädagogik zu studieren, habe ich ein Praktikum in einer Schule mit Förderschwerpunkt Lernen gemacht. Und dann habe ich einfach damit angefangen. Das erste Studienjahr war eher ein „Jetzt einfach erst mal machen und schauen, wie es sich anfühlt“. Offensichtlich ziemlich gut!

 

 

Ein Filofax liegt aufgeschlagen auf einem Tisch. Er war das so genannte Klassenbuch von Lara Schreck als Kind.

Der Weg in die Sonderpädagogik war vorgezeichnet: In ihrem „Klassenbuch“ hielt Lara Schreck als Kind schon die Namen ihrer Kuscheltier-Schülerinnen und -Schüler fest und plante Unterricht in kleinen Fördergruppen nach Bedarf. Foto: Lara Schreck

Meine eigene Schulzeit habe ich positiv erlebt, und ich bin immer sehr gerne in die Schule gegangen. Als Kind habe ich mit einer kleinen Kreidetafel Schule gespielt, meine Kuscheltiere waren die Schülerinnen und Schüler. Das „Klassenbuch“ habe ich bis heute in meiner Erinnerungskiste. Wenn ich da hineinschaue, sehe ich tatsächlich so etwas wie die ersten Bemühungen um einen differenzierten Unterricht. Zum Beispiel in Fördergruppen – für ein Schaf, eine langsame Schildkröte oder für den lauten Bären.

 

Meine Mama ist Sonderpädagogin an einer inklusiven Grundschule, hat aber andere Förderschwerpunkte und ein anderes Fach studiert. Das spielte für meine Studienfachwahl keine bedeutende Rolle. Wenn wir uns heute austauschen, geht es eher um Fachliches wie institutionelle Grenzen, persönliche große Meilensteine wie mein erstes diagnostisches Fördergutachten für eine Fallstudie oder um Impulse aus der Uni.

 

Musik spielt eine wichtige Rolle in deinem Leben, im Studium und im Unterricht. Woher kommt das?

 

Musik war bei mir immer sehr präsent. Ich singe, spiele Klavier und habe kürzlich zwei Songs aufgenommen. In der Grundschule hatten wir schon einen Lehrer, der Ukulele gespielt und uns Schülerinnen und Schüler musikalisch eingebunden hat. Er hat mich zum Beispiel bestärkt, bei einem Auftritt die Klasse auf dem Klavier zu begleiten. Diese Komponente von Musik im Unterricht fand ich damals schon toll.

 

Musik kann ich jetzt auch gut bei den Kindern einbringen. Ich gehe an meinen Unterricht immer mit einem inklusiven Blick heran: Was braucht jede oder jeder Einzelne, damit es funktioniert? Wie kann ich ihr oder ihm ermöglichen, das aus den eigenen Ressourcen herauszuholen, dass es individuell funktioniert? Ich versuche jede Stunde so zu planen, dass sie ressourcen- und kompetenzorientiert und kreativ ist. Das geht mit Musik natürlich sehr gut. Wenn wir Musik machen, überlege ich mir vorher: Was gebe ich wem? Das können Klanghölzer sein, nach Farben angeordnete Post-its für drei Töne auf dem Klavier, ein leiser Salzstreuer für den Rhythmus oder Taster, die gedrückt werden.

 

So haben wir in einer Stunde „Shake It off“ von Taylor Swift zusammen gespielt. Es war toll mitzuerleben, wie die Kinder Selbstwirksamkeit erfahren und das Gefühl „Ich habe das gemacht!“ bekommen haben. Das ist es auch, was mich am Schwerpunkt Geistige Entwicklung so begeistert: eine sehr schöne, individuelle Arbeitsweise in kleinen Klassen und nach Lehrplänen ohne Druck und Noten. Das sind andere Arbeitsweisen als an manch anderen Schularten, auch wenn ich den – wohl utopischen – Wunsch hätte, dass es überall so läuft.

 

 

Die Bilderserie aus drei Fotos zeigt Noten und Zahlen aus Knetmasse, mit denen Kinder im Förderunterricht Zahlen gestalten.

Aus Kugeln und Strängen werden erst Noten und Herzen, dann Ziffern geformt. Mit Knete macht sich eine Schülerin in Lara Schrecks Einzelförderung mit dem Zahlenraum 1 bis 5 in Mathematik vertraut. Auge-Hand-Koordination und Feinmotorik werden so spielerisch geübt und das Zahlenverständnis verbessert – und Spaß macht das allemal. Fotos: Lara Schreck

Du hast mit dem Förderschwerpunkt Sozial-Emotionale Entwicklung angefangen, bist erst später zu Geistige Entwicklung gewechselt und sprichst voller Begeisterung davon. Wie kam es zu dem Wechsel?

 

Vor fünf Jahren hatte ich mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung kaum Berührungspunkte.  Es spielten sicher auch Unwissenheit, Vorurteile, Unsicherheit und fehlendes Selbstvertrauen eine Rolle, sodass ich mir diesen Förderschwerpunkt nicht zugetraut hätte. Das hat sich im Studium geändert.

 

Heute weiß ich, wie wichtig etwa basales Arbeiten ist – und ich liebe ich es, die kleinsten Erfolge der Kinder zu feiern. Einen Taster mit dem Ton C zu drücken ist für manch ein Kind ein Riesenerfolg! Das sind die Momente, in denen ich sage: „Yes! Made my day!“ In meinem Bereich ist es ebenfalls enorm wichtig, vom Innen zum Außen hin zu denken – von den Kindern zum Unterricht und nicht umgekehrt.

 

Manchmal ist es aber auch emotional sehr fordernd. Wir hatten während meines Praktikums einmal einen Trauerfall in der Schule, von dem ich im Morgenkreis erfahren habe. Da musste ich erst mal später eine Runde in den Park gehen, um das zu verarbeiten.

 

Ich weiß inzwischen: Flexibilität, Empathie und vor allem Geduld sind gefragt, um die Kinder individuell zu fördern. Was tagtäglich dabei passiert, ist tatsächlich viel Kreativität. Bei mir schon in der Vorbereitung, um die Stunden zu entwickeln, bei den Kindern dann, wenn sie etwa ein Plakat mit einer Katze entwerfen sollen. Bei acht Schülerinnen und Schülern entwickle ich Teile der Stunde acht Mal mit einem immer ein bisschen anderen Zugang. Dafür muss man sehr viel nachdenken, gerade wenn es um Mini-Schritte geht. Aber dafür werde ich dann auch mit acht Mal Kreativität belohnt.

 

Ich habe tagtäglich acht neue und verschiedene Perspektiven auf die Welt erlebt! Das ist ein großes Geschenk. Die Kids bringen so viel Spaß, Lockerheit und Freude mit, das gibt mir sehr viel.

 

Inklusion ist ein wichtiges Thema für Schule, das oft kontrovers diskutiert wird – inklusive Schule oder Förderschule. Wie gehst du mit diesem Gegensatz um?

 

Mein Inklusionsbegriff hat sich in den letzten Jahren um 180 Grad gedreht. Inklusion kannte ich früher nur im schulischen Kontext. Ich habe mir während des Studiums und in der Praxis einen viel weiteren, einen inklusiven Blick auf das Leben angeeignet. Ich war früher kurzsichtiger, weniger optimistisch und flexibel.

 

In der Schule heißt das konkret: Die Kinder geben vor, was an diesem Tag geht oder nicht. Wir richten uns in unseren Möglichkeiten nach ihnen, auch wenn eine gewisse Struktur de facto besteht und für viele Kinder auch unerlässlich ist.

 

Letztlich geht es doch darum, wie wir uns alle als Menschen im gesellschaftlichen Raum begegnen. Ich weiß: Eine Barriere ist nicht unbedingt eine Barriere. In der Schule kann das aktuell bedeuten, dass es für ein Kind besser ist, in eine inklusive Schule zu gehen, für ein anderes aber eine Schule mit Förderschwerpunkt geeigneter ist, auch wenn das in Teilen exklusiv ist.

 

Und: Inklusion hört nicht vor der Schultür auf. Meinen inklusiven Blick nehme ich in alle Lebensbereiche mit. Außerdem kann ich das Bewusstsein für Inklusion im Alltag schärfen. Mein Papa etwa arbeitet bei der Polizei in Dortmund. Dort konnte ich in einem Führungskräfte-Workshop einen Vortrag zur inklusiven und ressourcenorientierten Teamleitung halten. Dabei hat sich herausgestellt, dass wir alle einen unterschiedlichen Inklusionsbegriff hatten. Aber das Verbindende ist, dass wir ein Spektrum gefunden haben, innerhalb dessen wir agieren können.

 

 

Sonderpädagogik-Studentin Lara Schreck hält in dieser Collage aus zwei Fotos jeweils eine kleine Kreidetafel hoch, auf der sie als Lehrende einmal als Kopffüßlerin gezeichnet wurde und auf der auf dem anderen Bild die Arbeitsergebnisse dokumentiert wurden.

Von einer Schülerin mit Kreide gezeichnet, während Lara Schreck nach Unterrichtsende aufräumte: Bibi und Tina auf ihren Pferden (rechts). Nachgezählt und die Ziffern dazugeschrieben – und schon war die vorige Aufgabe ganz en passant wiederholt. In den fünf Minuten blieb sogar noch genügend Zeit, um die angehende Lehrerin anschließend als ‚Kopffüßlerin‘  in Farbe zu verewigen und die Arbeitsergebnisse der Stunde per Foto zu dokumentieren. Fotos: Lara Schreck

Deine Sicht auf die Welt hat sich durch dein Studium verändert. Erzähl gern mehr davon!

 

Kompetenzorientiert zu denken, zu handeln und grundsätzlich gut von Menschen zu denken spielt bei uns an der Uni eine Riesenrolle im Bereich Geistige Entwicklung. Anerkennung, Empathie sowie das Voneinander-Lernen – auch der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler voneinander!  – in den Fokus zu rücken. Sich die eigenen und die Ressourcen der Kinder immer wieder vor Augen zu führen.

 

Wir orientieren uns beispielsweise bei Schülerinnen- und Schülerbeschreibungen daran, was die Kinder mitbringen und überlegen uns, wie wir das fördern können. Das wird im Studium in die Bewertungen einbezogen, wenn ich zum Beispiel ein Unterrichtskonzept abgebe. Ich finde es großartig, dass bei uns in der Lehre so großer Wert darauf gelegt wird. Meine Mentorin in Berlin hat mit genau diesem wertschätzenden und inklusiven Blick gearbeitet. Davon habe ich sehr profitiert und viel von ihr gelernt.

 

All das entspricht meinem Zugang zur Welt, wie ich fühle und wie ich mir die Welt wünschen würde. Deshalb fühlt es sich gerade sehr richtig an, wo ich momentan stehe und perspektivisch hinschauen darf.

 

Du kommst ursprünglich aus Dortmund und bist zum Studium nach Leipzig gezogen. Hast in Kamenz und in Berlin deine Blockpraktika gemacht und arbeitest gerade in der Einzelförderung in Eilenburg. Planst du nach deinem Studium zu bleiben und Lehrerin in Sachsen zu werden?


Leipzig ist in jedem Fall mein neues Zuhause. An welcher Art von Schule ich später arbeiten werde, weiß ich noch nicht. Vielleicht an einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung oder Lernen, vielleicht an einer inklusiven Grundschule. Im Primarbereich und viel mit Musik zu arbeiten, kann ich mir jedenfalls sehr gut vorstellen. Ich bin nicht festgelegt, wo es nach dem Examen hingeht. Ich bin aber in jedem Fall offen für Neues und flexibel.


Mehr zu Sonderpädagogik in Sachsen:

Pädagogische Arbeit an einer Förderschule in Sachsen ist handlungsorientiert und auf mehrere Schultern verteilt. So kann Udo Große, Schulleiter an der Chemnitzer Schule „Am Zeisigwald“ mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung bei SCHAU REIN! im März 2025 gleich zwei pädagogische Berufe an seiner Schule vorstellen – den der Lehrkraft und den der Heilerziehungspflegekraft.

„Der Förderschulbereich ist keine gemütliche Nische, ganz im Gegenteil. Förderschullehrer wird man nur, wenn man das wirklich will“, weiß Schulleiter Udo Große von der Schule „Am Zeisigwald“ mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Chemnitz. „Wir lösen gern Klischeebilder auf. Deshalb machen wir bei SCHAU REIN! mit, um bekannt zu machen, wie vielseitig, komplex und praxisnah die pädagogischen Berufe an Förderschulen sind.“ Im SCHAU REIN!-Programm zur beruflichen Orientierung präsentieren sich jedes Jahr im März zahlreiche Schulen in Sachsen in ihrer Vielfalt als attraktive Arbeitsorte.


Hand in Hand für die Zeisigwald-Schülerinnen und -Schüler

Je nach Interesse kommen vier bis maximal zehn Schülerinnen und Schüler am Nachmittag für 45 Minuten in das Stammhaus der Schule „Am Zeisigwald“. Große hält im Lehrerzimmer mit Blick auf den Hof einen kurzen Einführungsvortrag, so dass seine Gäste die Schülerinnen und Schüler sehen können, aber deren Tagesablauf nicht stören. „So finde ich heraus, was die Jugendlichen überhaupt interessiert. Die wenigsten ahnen, wie viele Menschen bei uns Hand in Hand arbeiten – im pädagogischen und therapeutischen Bereich, mit medizinischen Partnern, aber auch beispielsweise mit dem Jugendamt.“

 

Sonderpädagogik – ein Berufsfeld für Lebenspraktiker

Wie pragmatisch es zugeht, erleben die SCHAU-REIN!-Gäste bei einem Rundgang, etwa wenn sie einen Blick in Lehrküche, Holz- oder Textilwerkstatt, Hausarbeitssaal oder den Snoozle-Raum werfen. „Wir vermitteln unseren Schülerinnen und Schüler individuell grundlegende Kompetenzen und praktische Strategien zur Problemlösung.“ Am Zeisigwald gibt es deshalb viele einzelne Lernplätze. „Mathematik etwa ist bei uns praktisches Be-Greifen, im Pestalozzischen Sinne mit Kopf, Herz und Hand.“

 

Eine Schule, zwei pädagogische Berufe

Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass die pädagogische Arbeit sich nicht allein auf den Lehrberuf beschränkt, sondern auch Heilerziehungspflegekräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher umfasst. Deshalb kommen viele Acht- bis Zehntklässer aus Oberschulen zum Infonachmittag bei SCHAU REIN! „Für die meisten ist es eine wichtige Information, dass auch mit dem Abschluss der 10. Klasse eine sonderpädagogische Tätigkeit möglich ist.“

 

Der Bedarf steige in allen Feldern, die Schülerzahlen gingen rasant hoch, weiß Udo Große. Da viele Kinder mit Migrationshintergrund eingeschult werden, sind zudem Fremdsprachenkenntnisse, allen voran Russisch und andere slawische Sprachen, aber auch Englisch und Arabisch gefragt.

 

Unentschlossene und Entdeckungsfreudige ermutigen

„Junge Menschen sollen bei uns eine Vorstellung von der realen Arbeitswelt bekommen“, sagt Große. „Die ist bunter und vielseitiger als man denkt. Ich möchte die Unentschlossenen und die, die einen praktischen Zugriff aufs Leben haben, einladen zu entdecken, dass sie bei uns wirklich etwas bewirken können. Kurz gesagt: Ich brauche nicht den Streber, ich brauche den Punk!“

 

Klare Worte, viele Möglichkeiten: Die Schule „Am Zeisigwald“ bietet ungeahnte Perspektiven für Schülerinnen und Schüler, über die sie für ihre Ausbildung oder Studiengang und Berufswahl noch nie nachgedacht haben. SCHAU REIN! ermöglicht es ihnen, davon zu erfahren.

 

Beispiele aus der Praxis & mehr Infos:

Seit 2018 engagiert sich Oliver Damm vom Landesamt für Schule und Bildung Chemnitz für SCHAU REIN! Bei dem Programm zur beruflichen Orientierung präsentieren sich in diesem Jahr 153 Schulen in der Region Südwestsachsen als Arbeitsort. 2026 dürfen es dann gern noch ein paar mehr werden. 

„Wir haben potenzielle Lehrerpersönlichkeiten bei den Schülerinnen und Schülern im Blick“, sagt Oliver Damm vom Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) Standort Zwickau. Mit 153 teilnehmenden Schulen in der Region Chemnitz und Zwickau sind bereits viele bei SCHAU REIN! – Woche der offenen Unternehmen dabei.

 

Damm wirbt dafür, dass es in ganz Sachsen noch mehr werden, damit mehr Schülerinnen und Schüler die Chance erhalten, den Lehrerberuf kennenzulernen: „Wir brauchen die Interessierten und Geeigneten“, erklärt er. 

 

Perspektiven im Lehrerberuf vermitteln

„Im Rahmen von SCHAU REIN! zeigen die Schulen, welche Eigenschaften angehende Lehrerinnen und Lehrer mitbringen sollten. Sie verschweigen aber auch nicht, welche Herausforderungen es im Beruf gibt“, erklärt Damm. Attraktive Karrierewege und Verdienstmöglichkeiten sollten ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden. 

 

Auch wenn die Acht- bis Zwölftklässler noch Jahre bis zum Berufseinstieg hätten, könnten sie sich bei SCHAU REIN! orientieren. Selbst wenn sich nur ein oder zwei Jugendliche auf den Schultermin anmelden, ist das nicht schlimm. So können sie individuell beraten werden und sie binden sich vielleicht an die Schule.“

 

Junge Lehrkräfte als authentische Vorbilder

Oft setzen Schulen junge Lehrerinnen und Lehrer bei den etwa 90-minütigen Besuchen ein, um authentische Einblicke in Studium und Vorbereitungsdienst zu geben. „Sie wissen, wie das Studium aktuell läuft“, sagt Damm.

 

Ob Eltern mitkommen dürfen, entscheidet die einzelne Schule. Damm findet sie als Begleitpersonen grundsätzlich gut: „Eltern sind wichtige Mit-Berater bei der Berufs- oder Studienwahl.“ 

 

Selbst Chemnitz ist Bedarfsregion

Damm möchte insbesondere Schulen mit besonders hohem Bedarf an Lehrernachwuchs ermuntern, mitzumachen: „Oberschulen, Berufsbildende Schulen und Förderschulen.“ Denn Jugendliche kennen oft nur die Schularten, die sie selbst besuchen, und interessieren sich deshalb vor allem für Grundschulen oder Gymnasien. Der Bedarf ist aber allerorten groß. „Selbst eine Großstadt wie Chemnitz gilt als Bedarfsregion“, weiß Damm.

 

SCHAU REIN! fördere eine wohnortnahe berufliche Orientierung, um junge Menschen für ein Studium als Lehrer in Sachsen zu motivieren und ihnen Perspektiven für einen attraktiven Beruf in der Region aufzuzeigen. Eine frühe Bindung an die „eine“ Schule durch ein Schülerbetriebspraktikum, ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder die Praktika im Studium seien schließlich ebenfalls entscheidende Vorteile der Schulen im Wettbewerb um Nachwuchslehrkräfte. 

 

Talente entdecken mit dem Scouting-Blick

Insbesondere in den Oberschulen lohne sich ein Scouting-Blick, um verborgene Talente zu finden. „In jeder Klasse sitzen im Schnitt eine Schülerin oder ein Schüler, die das Potenzial haben, Lehrer zu werden“, weiß Damm. Auch dort hätten es die Schulen in der Hand, diese jungen Menschen zu finden und zu begeistern. Der ein Jahr längere Weg zur Allgemeinen Hochschulreife und zum Lehramtsstudium lohnt sich. „Ich kenne junge Kolleginnen und Kollegen an den Oberschulen, die von diesen Erfahrungen sehr profitieren.“ 

 

Beispiele aus der Praxis & mehr Infos:

Es ist Ende Januar und trotz Winterzeit liegt ein Hauch von Frühling in der Luft. Aufbruchstimmung. Das passt gut zur aktuellen Lebenssituation von Svenja (26). Die gebürtige Sächsin beginnt nach ihrem Referendariat im Februar als festangestellte Deutschlehrerin an der Oberschule Bergstadtschule Sayda.

 

Wir trafen sie zum Interview und sprachen mit ihr über den Lehrerberuf, das sächsische Landleben und ihre Wünsche für die Zukunft.

Geboren und aufgewachsen ist Svenja mit dem blonden Kurzhaarschnitt und dem einnehmenden Lächeln in Brand-Erbisdorf, südlich von Freiberg. Ihre Kindheit war behütet und geprägt von den Vorzügen des Landlebens. Ob Im-Wald-Spielen oder Mountainbike-Fahren, Svenja verbrachte viel Zeit in der Natur. Schon in der 10. Klasse stand für sie fest: Svenja will Lehrerin werden.

 

Um sich auf ihr Lehramtsstudium vorzubereiten, absolvierte sie nach dem Abitur ein FSJ Pädagogik an einer Förderschule in Sachsen, gefolgt von weiteren Praktika. Das FSJ Pädagogik festigte ihren Wunsch, Förderschullehrerin zu werden. 2016 begann sie an der Universität Leipzig Lehramt Sonderpädagogik mit den Förderschwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung und Sprache für das Fach Deutsch zu studieren.

 

Während ihres Studiums in Leipzig lebte sie am Stadtrand, in der Nähe eines der Leipziger Badeseen. Doch mit dem Stadtleben konnte sich Svenja nie so richtig anfreunden: „Irgendwie war mir klar, dass ich nicht für immer in der Stadt bleiben würde, sondern zurück in meine ländliche Heimat gehe.“ Das ‚Überangebot‘ an Möglichkeiten des Lebens in der Stadt war für sie ein Stressfaktor. Die Ruhe und Gelassenheit des Landlebens konnte sie während ihrer Studienzeit in der Stadt nicht finden. Und die fehlten ihr.

„Ich liebe die Idylle, die die Nähe zum Erzgebirge mit sich bringt“

Seit dem Sommer 2023 lebt sie nun mit ihrem Mann und der dreijährigen Tochter in einem Ortsteil von Sayda, einem 1.700-Seelen-Dorf in der Nähe des Erzgebirges. Hier hat die junge Familie einen alten Hof gekauft. „Sayda ist wirklich klein, noch kleiner als mein Heimatort. Ich liebe die Idylle, die die Nähe zum Erzgebirge mit sich bringt. Wenn ich mich in der Umgebung umschaue, fühle ich mich wie im Urlaub, nur eben zu Hause“, schwärmt die Deutschlehrerin.

 

Dennoch ist der Lehrermangel in den ländlichen Gebieten im Vergleich zu den städtischen Ballungsräumen alarmierend hoch. Es braucht besondere Argumente, um Städter zu motivieren, aufs Land zu ziehen. Für Svenja ist die Mentalität der Menschen auf dem Land ein solches: „In der Stadt hat mich die Anonymität immer gestört. Die gibt es auf dem Land so nicht. Hier kennt sich jeder, auf der Straße grüßen wir uns mit Namen, wir treffen uns regelmäßig. Wir sind eine Gemeinschaft, und als mein Mann und ich hierher kamen, wurden wir herzlich aufgenommen“, erzählt Svenja. „Das klingt wie eine Floskel, aber es stimmt: Das Miteinander auf dem Land ist einfach angenehm familiär.“

 

Svenja macht auch auf die anstrengenderen Zeiten des Lehrerdaseins aufmerksam, die sich auf dem Land aber leichter überwinden ließen: „Der Lehrerberuf ist zwar eine besonders schöne, aber ab und an auch kräftezehrende Aufgabe. Wenn ich mir vorstelle, dass ich neben meinem stressigen Arbeitsalltag noch den Umgebungsstress des Stadtlebens hätte, dann könnte ich persönlich der Doppelbelastung in schwierigen Phasen kaum standhalten.“ Die Ruhe des Landlebens entschädige sie für jeden schweren Tag und gebe ihr neue Kraft.

 

Dennoch sei das Leben außerhalb der Stadt sicher nicht für jeden geeignet. „Man sollte schon einen Funken Liebe zum Landleben mitbringen, wenn man sich dafür entscheidet. Wer kein Landmensch ist, sollte sich nicht gezwungen fühlen, aufs Land zu ziehen“, meint Svenja.

„Niemand ist ein Universalgenie. Und das ist auch gut so“

Im Februar 2024 beginnt für Svenja ein aufregender neuer Lebensabschnitt: Ihr Referendariat ist beendet und sie startet ihr Abenteuer als fest angestellte Lehrerin an der Oberschule in Sayda.

 

„Am meisten freue ich mich auf die neuen Erfahrungen, die ich dort sammeln werde. Von der Förderschule, an der ich mein Referendariat absolviert habe, bin ich beispielsweise nur kleine Klassen mit etwa elf Schülern gewohnt. An der Oberschule werden die Klassen doppelt so groß sein.“ Das biete ihr mehr methodische Möglichkeiten für den Unterricht: „Ich möchte einfach noch mehr Schülerinnen und Schülern etwas mitgeben.“ Es sei ihr Traum, möglichst viele junge Menschen mit ihrer Arbeit positiv zu beeinflussen, „auch wenn das natürlich nicht immer klappen wird.“

 

Im Zentrum ihrer Arbeit steht für Svenja die Wissensvermittlung. „Darüber hinaus möchte ich meinen Schülerinnen und Schülern aber auch Wissen fürs Leben mitgeben. Ich möchte der nächsten Generation Mut und Selbstvertrauen schenken und ihnen dabei helfen, gute Menschen zu werden.“

 

Sie habe nicht den Anspruch, dass alle sie und ihr Fach mögen, denn: „Ich glaube, das sollte nie der Anspruch sein. Niemand ist ein Universalgenie. Und das ist auch gut so.“

Du möchtest mehr über das FSJ Pädagogik erfahren?

Machen wir uns nichts vor: Mathematik gehört oft nicht zu den Lieblingsfächern der Schülerinnen und Schüler. Das wiederum kann die spätere Wahl der Unterrichtsfächer beeinflussen, wenn sich junge Menschen für ein Lehramtsstudium entscheiden. Und doch ist das Studium der Mathematik auf Lehramt eine wertvolle Reise, an deren Ende man andere für diese außergewöhnliche Wissenschaft begeistern kann. 

Warum Mathematik auf Lehramt studieren? 

Als Mathematiklehrerin oder -lehrer spielst du eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung junger Menschen. Du vermittelst ihnen nicht nur mathematische Kompetenzen, sondern schärfst auch ihr logisches Denken, was ihnen in anderen Lebensbereichen von großem Nutzen sein wird. Deine Arbeit basiert dabei auf theoretischen Konzepten und erfordert ebenso die Fähigkeit, den Schülerinnen und Schülern komplexe Ideen verständlich nahezubringen. 

Schwerpunkte des Studiums

Von der Zahlentheorie und Algebra über die Analysis und Geometrie bis hin zur Statistik: Während des Studiums beschäftigst du dich intensiv mit allen grundlegenden Disziplinen der Mathematik, um ein solides Verständnis für ihre Struktur und Anwendungen zu entwickeln. 

 

Darüber hinaus bereitet dich das Mathematikstudium auf Lehramt auch auf die pädagogische Seite des Faches vor. So lernst du, den Unterricht effektiv und kreativ zu gestalten, den Lehrplan zielorientiert umzusetzen und dabei auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Auch didaktische Methoden und der Einsatz moderner Lehrmittel spielen eine wichtige Rolle.  

Praktische Erfahrung vor und während des Studiums

Erfahrene Lehrkräfte empfehlen, bereits vor dem Studium praktische Erfahrungen zu sammeln. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen: Mit einem FSJ Pädagogik kannst du schon vor Studienbeginn testen, ob der Lehreralltag etwas für dich ist.

  

Aber auch während des Studiums kannst du Erfahrungen sammeln, zum Beispiel durch die vorgesehenen Blockpraktika. Aufgrund des hohen Lehrerbedarfs ist es sogar möglich, nach dem Staatsexamen ohne Referendariat eine Mathematikklasse zu übernehmen. 

Berufsaussichten

Mathematik wird in Sachsen an allen gängigen Schularten unterrichtet: von der Grundschule über das Gymnasium bis hin zur Förderschule. Aufgrund des akuten Lehrermangels in den MINT-Fächern hast du zudem gute Chancen, an deiner Wunschschule unterzukommen – egal ob auf dem Land oder in der Stadt. 

Dein gesellschaftlicher Beitrag als Mathematiklehrer

Das Studium der Mathematik auf Lehramt mag anspruchsvoll sein, aber die persönlichen Belohnungen sind unbezahlbar: Indem du Schülerinnen und Schülern hilfst, mathematische Konzepte zu verstehen und ihre logischen Fähigkeiten zu verbessern, leistest du einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaftsbildung. 

Mathematik ist zudem eine Sprache, die überall auf der Welt verstanden wird; als Mathematiklehrerin oder -lehrer wirst du anderen diese universelle Sprache beibringen und ihnen weltweit Türen öffnen.  

 

Das Studium der Mathematik auf Lehramt ist eine Chance, diese Welt noch tiefer zu erkunden und die nächste Generation für diese wunderbare und bedeutende Wissenschaft zu begeistern. 

Wo du in Sachsen Mathematik studieren kannst, erfährst du hier:

Rietschen – Die Gemeinde im Landkreis Görlitz liegt ganz im Osten des Freistaates Sachsen. Herrliche Natur vor der Haustür, Berlin und Polen sind nicht weit. In diesem geografischen Umfeld liegt die Hans-Fallada-Schule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung – ein Alleinstellungsmerkmal für die Region. Damit dieses Merkmal erhalten bleibt, braucht die Schule dringend Unterstützung. 

Auf 90 Schülerinnen und Schüler kommen an der Hans-Fallada-Schule 14 Lehrkräfte, acht pädagogische Fachkräfte und eine Schulassistenz. Das klingt viel, ist aber angesichts der zusätzlichen Herausforderungen, die eine Förderschule mit sich bringt, ausbaufähig. Hinzu kommt, dass im nächsten Jahr drei Lehrkräfte die Schule in den Ruhestand verlassen werden, was den Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften weiter erhöht.

 

 

Dass das Wort Engagement an der Hans-Fallada-Schule großgeschrieben wird, zeigt auch die Beteiligung an unserem Interview: Neben dem Schulleiter Ronny Selbiger sind Frau Monden (stellvertretende Schulelternsprecherin und Mitglied der Schulkonferenz), Frau Gresens (junge Lehrerin für Sport, Biologie, Englisch und Teil der Schulkonferenz) sowie Leon (8. Klasse, Schülersprecher) anwesend. Sie alle eint der gemeinsame Wunsch: neue Lehrer für ihre Schule, da die Förderschülerinnen und -schüler sonst „durchs Raster fallen“. 

„Ein Buch, ein Stift, ein Kind und ein Lehrer können die Welt verändern.“

LEHRERIN SACHSEN: Eure Schule hat den Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung – was bedeutet das? 

 

Frau Gresens: Wir sind eine Förderschule für verhaltensauffällige Kinder. Das sind Kinder, die manchmal Schwierigkeiten haben, in bestimmten Situationen richtig zu handeln. Manche können mit Wut nicht richtig umgehen, andere haben einen starken Bewegungsdrang. Im normalen Schulsystem haben diese Kinder keine Chance, sie fallen durchs Raster. Wir aber haben einen anderen Blick auf diese Schüler: Wir versuchen, sie nicht leistungsorientiert, sondern persönlich zu fördern. 

 

Herr Selbiger: Unsere Schule zeichnet sich dadurch aus, dass wir mit pädagogisch-psychologischem Sachverstand individuell fördern und fordern und uns dabei auf evidenzbasierte Verhaltensmodifikationen stützen. 

 

LEHRERIN SACHSEN: Was heißt das konkret? 

 

Frau Gresens: Das heißt, wir versuchen, durch verschiedene Token positive Verhaltensweisen zu entwickeln. Wir versuchen viel mit Visualisierungen zu arbeiten und direkt Konsequenzen zu ziehen. 

 

Frau Monden: Aus Elternsicht kann ich sagen, dass auch die Haltung uns gegenüber eine ganz besondere ist: Die Lehrer nehmen sich unglaublich viel Zeit für uns, zum Beispiel bei den wöchentlichen Gesprächen. Es ist einfach ein schönes Miteinander an der Schule. 

 

LEHRERIN SACHSEN: Das hört man gern! Was macht die Schule denn für neue Lehrkräfte attraktiv? 

 

Herr Selbiger: Das Lehrerkollegium ist ein junges, dynamisches und motiviertes Team. Wir schaffen Raum für pädagogische Freiheit, kreatives Denken und Arbeiten. Außerdem bieten wir eine sehr gute Ausstattung. 

 

Frau Monden: Hier kann sich jeder einbringen und die Kinder sind dankbar für jede Form von Wissen und Zuhören. Die Lehrer hier sind nicht nur das Augenmerk, sondern auch eine echte Augenweide! (alle lachen) 

 

Frau Gresens: Als junge Lehrerin kann ich sagen: Diese Schule ist perfekt für Berufseinsteiger. Alle Projekte werden von der Schulleitung unterstützt, man kann sich überall einbringen und ausprobieren. Das macht es für mich sehr wertvoll, hier zu arbeiten. 

Sonnenblumen gemalt von Schüler*in
Kunstwerk eines Schülers / einer Schülerin
Links und oben: Kunstwerke aus der Schülerschaft, rechts: Projekt „Entrinden wie im Mittelalter"
Entrinden Mittelalter

LEHRERIN SACHSEN: Was für eine Art von Lehrer braucht ihr an der Schule? 

 

Leon: Nette, lustige, lockere Lehrer. Nicht zu streng sollen sie sein, aber trotzdem durchsetzungsfähig – ein Mittelding eben. 

 

Frau Gresens: Die Schüler sind super dankbar, dass wir Lehrer auch mal zuhören. Man sollte also nicht an unsere Schule kommen, um den Lehrplan durchzupauken und auf Leistung zu drängen, das funktioniert nicht. 

 

LEHRERIN SACHSEN: Und nicht zu vergessen: Eure pädagogischen Fachkräfte, die nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch die Schülerinnen und Schüler an Eurer Schule unterstützen und entlasten! 

 

Leon: Ja, das stimmt. Sie geben sich große Mühe und helfen, wo sie können – je nachdem, wie die Hilfe angenommen wird. 

 

Frau Gresens: Da Leon schon in der 8. Klasse ist, hat er nicht mehr so viel mit den Pädagogen zu tun. Sie kommen nur noch in die höheren Klassen, wenn es wirklich nötig ist, zum Beispiel im Sportunterricht. Generell gewährleisten die pädagogischen Fachkräfte eine intensive Betreuung der Schüler im Unterricht und bilden teilweise auch eine Schnittstelle zwischen den Kindern und den Lehrkräften.

 

Frau Monden: Die pädagogische Fachkraft ist vor allem bei den Jüngsten, weil dort der Förderbedarf am größten ist. Das kann ein Lehrer allein oft nicht kompensieren. Die Schülerinnen und Schüler erkennen diese zusätzliche Hilfe auch an. 

 

LEHRERIN SACHSEN: Und nun frei raus: Welche 3 Worte beschreiben eure Schule am besten? 

 

Herr Selbiger: Offen, agil, familiär! 

 

Leon: Lustig, familiär, abwechslungsreich.  

 

Frau Monden: Miteinander, nicht gegeneinander. 

 

LEHRERIN SACHSEN: Macht uns Rietschen schmackhaft! Was hat der Ort für Zugezogene zu bieten? 

 

Herr Selbiger: Hervorragende Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dem Landkreis Görlitz! Dazu viel Natur und Weite, Erholung, Familienfreundlichkeit, bezahlbaren Wohnraum. 

 

Leon: Rietschen ist ziemlich cool: Man kann viel machen und sehen. Und trotzdem ist es überschaubar und man verirrt sich nicht so schnell. (lacht) 

 

Frau Gresens: Unser Ort ist eine sehr kleine Gemeinde: zentral im Natur-Erholungsgebiet gelegen, sehr grün und trotzdem nicht weit von Cottbus oder Görlitz entfernt. Ich habe selbst in Leipzig studiert; die Lebensqualität hier in Rietschen ist höher als in der Stadt. Außerdem befindet sich die Region durch das Ende der Kohleförderung im Wandel: Neue Infrastrukturen sollen entstehen, was die Region noch attraktiver macht. Ausschlaggebend waren für mich aber vor allem die Schule und das tolle Kollegium! 

 

Frau Monden: Hier werden auch Volksfeste gefeiert. Da kommen Jung und Alt zusammen. Langweilig wird es hier nie, aber wenn man mehr Action will, ist der Sprung nach Berlin oder Dresden nicht weit. Genauso wie der schöne Spreewald oder Polen. Ach, in Rietschen ist das Miteinander einfach schön! 

Hans-Fallada-Schule Rietschen
Die Hans-Fallada-Schule in Rietschen

LEHRERIN SACHSEN: Frau Gresens, Herr Selbiger: Haben Sie als Lehrerschaft zum Abschluss einen Appell an alle Lehramtsinteressierten da draußen? 

 

Herr Selbiger: Mir liegen Kinder und Jugendliche mit biografischen Brüchen, psychischen Auffälligkeiten und extremen Verhaltensweisen besonders am Herzen: Dahinter steckt immer ein Schatz. Unser Prinzip ist die bedingungslose Wertschätzung: Wir nehmen die Kinder vorbehaltlos an und glauben an sie. Das Glück hat nicht jeder. 

 

Frau Gresens: Lasst euch vom sächsischen Land nicht abschrecken! 

 

Herr Selbiger: Und lasst uns immer daran denken: Ein Buch, ein Stift, ein Kind und ein Lehrer können die Welt verändern. 

Grundstufenschüler

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Der Zivildienst brachte Mirko Altmann zur Sonderpädagogik

Eigentlich war Lehramt keine Option. Obwohl Mirko Altmann aus einer Lehrerfamilie stammt, hatte er selbst nie den Wunsch, Lehrer zu werden. Doch das änderte sich nach dem Abitur. Seinen Zivildienst absolvierte er an einer Schule für geistige Entwicklung. Schnell wurde ihm währenddessen klar, dass er Förderschullehrer werden möchte. Begeistert erinnert er sich an diese Zeit zurück: „Ich konnte es jeden Morgen kaum abwarten, endlich wieder in der Schule zu sein.“ Also verwarf er seinen eigentlichen Plan, Maschinenbau zu studieren und begann nach dem Zivildienst sein Studium der Sonderpädagogik für Geistig- und Sprachbehinderte.

Beratung, Inklusion, Diagnostik und Lehre: als Förderpädagoge gibt es viele Verantwortungsbereiche

Heute arbeitet Mirko Altmann im Leipziger Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sprache „Käthe Kollwitz“. Mittlerweile unterrichtet er nur noch die 1. Klasse. Dadurch ist er dauerhaft Klassenleiter, was ihm besondere Freude bereitet. Es gäbe auch die Möglichkeit, Fachlehrer zu sein. Doch durch seine Beratung und Verantwortung im Bereich Diagnostik kennt er sich insbesondere mit Kindern im jungen Alter aus. „Wenn man im Gang angesprochen wird und die ehemaligen Schülerinnen und Schülern einen grüßen, da freue ich mich immer.“ Da die Klassen deutlich kleiner sind als in anderen Schulen, ist eine engere und intensivere Betreuung der einzelnen Schülerinnen und Schülern möglich.

 

In seiner Funktion als Diagnostiklehrer ist er auch für die vorschulische Früherkennung zuständig. Dies erfolgt meist schon in der KiTa, kann aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein. Hier werden beispielsweise diverse Tests durchgeführt, um die individuellen Bedürfnisse eines Kindes festzustellen. Die Bedarfe sind unterschiedlich, wodurch man beispielsweise die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache, Hören oder Sehen voneinander differenziert. „Ich empfehle jedem, ein FSJ-Pädagogik zu absolvieren, einfach um zu sehen, ob ich für diesen Job geeignet bin oder nicht.“ Mirko ist primär Klassenleiter und Diagnostiklehrer. Darüber hinaus ist er auch noch Pädagogischer IT- und Kommunikationsbeauftragter.

Eine stark ausgeprägte soziale Persönlichkeit ist ein Muss

Der Schulalltag beginnt bereits um 7:45 Uhr. Während des Unterrichts und der Schulpausen hat der Förderschullehrer selbst so gut wie keine Ruhe. In den Pausen muss er die Schülerinnen und Schüler betreuen, im Lehrerzimmer tauscht man sich aus und ansonsten wird unterrichtet. Regelmäßig schreibt er Entwicklungsberichte, um die Fortschritte der Schülerinnen und Schüler zu dokumentieren.

 

Der Förderschullehrer ist davon überzeugt, dass man nicht „einfach so“ Lehrer sein kann. Das müsse man lernen. Dabei sei es wichtig, dass der Wunsch intrinsisch vorliege. Auch als Lehrer lerne man das ganze Leben und entwickele sich stets weiter. „Als Förderschullehrer muss man eine intensivere Betreuung der Schülerinnen und Schüler gewährleisten. Man muss schon ein wirklich sozialer Mensch sein.“ Der Bedarf ist groß: es gibt eine Vielzahl unbesetzter Stellen, bei den Neueinstellungen konnten nur etwa zwei Drittel der Stellen besetzt werden. „Natürlich ist auch das Gehalt und die Verbeamtung attraktiv. Was aber nicht der Grund für die Entscheidung dieses Berufs sein sollte.“

Die individuellen Entwicklungen einzelner Schülerinnen und Schüler machen ihn stolz

Eines der schönsten Erlebnisse als Förderpädagoge hatte Mirko erst vor kurzem: Eine ehemalige Schülerin hat sich an seiner Schule für ein Praktikum beworben. Sie besucht inzwischen ein Gymnasium. Das beeindruckt ihn: „Sie hat sich super entwickelt. Da ist man einfach stolz. Aber diese Entwicklung hat sie sich selbst zu verdanken.“ Mit Freude blickt er auf das Wiedersehen mit seiner ehemaligen Schülerin. Nicht nur die persönlichen Entwicklungen sind ihm wichtig. Zu sehen, dass die Schülerinnen und Schüler gerne in die Schule kommen, mache ihn mehr als zufrieden.

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Lehramt Sonderpädagogik

Was das Lehren an Förderschulen ausmacht

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