Sportlehrer Steve Hoppe weist in einer Turnhalle mit seinem rechten Arm auf eine Person oder Aktion, die im Bild aber nicht zu sehen ist.

„Der Mann hat Sport studiert, der kann das auch kleinen Kindern beibringen“

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Manchmal führt der Weg zum Lehramt über verschlungene Pfade und Umwege. Steve Hoppe, Diplom-Sportlehrer aus Leipzig, arbeitete lange in der Messebranche, bevor er als Seiteneinsteiger noch einmal studierte und Grundschullehrer wurde. Heute ist er Silbensprachen-Fan und bringt den Schülerinnen und Schülern in der Grundschule am Gutspark Paunsdorf neben Sport und Mathe gern auch die deutsche Sprache näher.

„Der Mann hat Sport studiert, der kann das auch kleinen Kindern beibringen.“ So beschreibt Steve Hoppe als Sportlehrer an der Gutsparkschule seinen Seiteneinstieg in die Grundschule. Das gebrochene Handgelenk einer Sportlehrerin ermöglichte ihm im Mai 2016 den ersten Alltagskontakt mit dem Lehrerberuf. Der Sportwissenschaftler und Diplom-Sportlehrer sprang mit einem Lehrauftrag als Vertretung an der 9. Grundschule Leipzig ein. Mit Erfolg: Der Schulleiter wollte ihn nicht gehen lassen. Hoppe wollte bleiben und übernahm zwei weitere befristete Aufträge.

Rolle vorwärts in den Jobeinstieg

Ganz nahtlos ging der Wechsel vom Diplom-Studium zum Grundschul-Sportunterricht dann aber doch nicht. Zu unterschiedlich ist die Vermittlung der Inhalte. Während für Erstklässlerinnen und Erstklässler eine Rolle vorwärts beispielsweise in Scheibchen filetiert und entsprechend aufgebaut gelehrt wird, wird sie bei Älteren vorausgesetzt. Dennoch fiel Hoppe der Einstieg leicht: „Ich hatte das ganz große Glück, in Ruhe zu schauen, wie Schule überhaupt funktioniert, vom Unterrichtsaufbau bis zur Dienstberatung“, erinnert er sich an seine Anfänge. „Ich wurde nicht ins kalte Wasser geworfen. Ich habe eine vierte Klasse in Sport mit drei Unterrichtsstunden in der Woche allein unterrichtet und konnte bei den anderen Kolleginnen und Kollegen mitlaufen. Das hat mich motiviert, ganz in diesen Beruf zu gehen.“

 

Als junger Mann wäre der Lehrerberuf für ihn nicht infrage gekommen: „Als ich selbst aus der Schule kam, war überhaupt nicht daran zu denken, dorthin als Lehrer zurückzukehren.“ Eigentlich wollte Hoppe nach seinem Sportwissenschaftsstudium ins Sportmarketing einsteigen. Doch er fand keinen Praktikums- oder gar Arbeitsplatz in den begehrten Verbänden oder Unternehmen. So arbeitete er lange, erfolgreich „und mit gutem Verdienst“ in der Messebranche für große Autohersteller. Ein umtriebiges Leben, aber immer weniger befriedigend.  „Es war ein hoher Aufwand, Geldverdienen und Familie zu vereinen und meinen Sohn wenigstens einen halben Monat zu sehen. Ich habe mir wirklich viele Gedanken gemacht, wie es mit einer echten Perspektive weitergehen soll.“ Den entscheidenden Hinweis gab ein Freund, der in der Schule von Hoppes Sohn unterrichtete. An ihn wandte er sich, als er von der Möglichkeit des Seiteneinstiegs erfuhr. „Es gab einen Riesen-Lehrermangel.“

 

Rolle vorwärts in der Turnhalle in drei Sequenzen: Sportlehrer Steve Hoppe steht zunächst aufrecht, rollt dann über den Kopf nach vor und steht im dritten Bild mit Schwung von einer Turnmatte auf.

Für Erwachsene eine einfache Bewegungsabfolge, doch für Kinder muss eine Rolle vorwärts in einzelne, nachvollziehbare Sequenzen aufgeteilt  werden – so wie es Sportlehrer Steve Hoppe vormacht.

Entfristung nur nach Weiterbildungsstudium

Im April 2017 wurde Steve Hoppe nach seinem erfolgreichen Einstieg an der 9. Grundschule für zwei Wochen an die Grundschule am Gutspark Paunsdorf abgeordnet. „Man brauchte dringend einen Sportlehrer.“ Die Perspektive auf eine Festanstellung gab es jedoch nur unter der Bedingung, ein Weiterbildungsstudium an der Uni Leipzig zu absolvieren. Zwei Jahre später, mit zusätzlichem Wissen in Mathematik, Deutsch und Sachunterricht sowie nach einem auf ein Jahr verkürzten Vorbereitungsdienst war Hoppe voll ausgebildeter Grundschullehrer.

 

„Deutsch ist eine Silbensprache“

An der Schule am Gutspark erlebte er in seiner ersten eigenen Klasse eine Überraschung: Er fand Spaß an der deutschen Sprache und am Deutschunterricht. „Sport und Mathe habe ich von Anfang an gern gemacht. Aber Deutsch war vor allem in der Sekundarstufe II mit ‚Faust‘ und dem vielen Lesen und Analysieren so überhaupt nicht mein Ding“, erinnert sich Hoppe. „Ich habe mich im Studium noch einmal ganz anders damit beschäftigt und seitdem eine große Freude beispielsweise an den Mustern und Regelmäßigkeiten in der deutschen Sprache.“ An Verb-Endungen etwa, die beinah immer mit ‚en‘ funktionieren. Oder an der Trennung von Lauten und Buchstaben. Die Kinder lernen erst die Silbenstruktur, suchen und entdecken dann die Vokale selbst: „Deutsch ist eine Silbensprache.“

 

Wichtig im Seiteneinstieg: Genügend Geld und Zeit zum Lernen

Der Weg zur festen Stelle und späteren Verbeamtung führte über eine Kombination von Theorie und Praxis im Weiterbildungsstudium. Die Seiteneinstiegsstudierenden sind drei Tage in der Woche an der Schule und zwei Tage in der Uni. Da die meisten von ihnen schon älter sind und Familie haben, ist die finanzielle Seite nicht unwichtig. Steve Hoppe war jede Woche mit 16 „Arbeitsstunden am Kind“, so der Fachausdruck, in der Schule. Zusätzlich wurden ihm sechs „Abminderungsstunden“ bezahlt.

 

„Man kann maximal 27 Stunden in Vollzeit unterrichten. Ich hatte 22 Stunden, und so kam es auch wirtschaftlich hin. Mehr geht auch nicht. Man braucht viel Zeit unter der Woche und in den Ferien zum Lernen und für die Prüfungsvorbereitungen.“ Für manche Kolleginnen und Kollegen läuft die Zeit zudem – in Sachsen ist mit 42 Jahren Schluss für eine Verbeamtung, die neben der Sicherheit mehr Geld aufs Konto bringt. Steve Hoppe ist 41 Jahre alt und schaffte alles ohne zusätzlichen Druck rechtzeitig.

 

Sportlehrer Steve Hoppe gibt in einer Turnhalle mit der Pfeife Anweisungen. Das Bild besteht aus drei einzelnen Sequenzen der Bewegung mit dem linken Arm und der Pfeife im Mund.

Anpfiff: Steve Hoppe lässt die Kinder in der Grunschule am Gutspark Paunsdorf am liebsten im Sportunterricht spielen. Das lehrt sie Fairplay und Benehmen – sprichwörtlich fürs Leben und nicht nur für die Schule.

Mit den Ressourcen pfleglich umgehen

Sportunterricht ist für Steve Hoppe weiterhin die Nummer eins. „Am liebsten lasse ich die Kinder spielen“, sagt er. Spielen bedeute in jeder Stufe etwas anderes – in der ersten Klasse können das zum Beispiel Fangspiele sein. In ihnen lernen die Schülerinnen und Schüler einiges fürs Leben – Benehmen und Fairness etwa. „Wie ich jemand richtig tippe, müssen die Kinder oft erst lernen. Tippen heißt nicht jemanden zu schubsen. Das ist in der ersten Klasse nicht so einfach zu vermitteln.“

 

Außerdem sei es wichtig, den Kindern faires Verhalten beizubringen. „Wenn jemand Schmu macht, sehen die anderen Kinder das und ich auch.“ Deshalb müsse immer wieder miteinander besprochen werden, ob etwas korrekt gelaufen ist. „Im Sport lernen die Kinder außerdem, dass Training etwas bringt und jede Leistung zum Erfolg der ganzen Gruppe beiträgt.“

 

Steve Hoppe ist froh und zufrieden mit seinem inzwischen gar nicht mehr so neuen Beruf als Grundschullehrer. Die Entscheidung für den Seiteneinstieg war die richtige: „Ich bin von dem Konzept überzeugt. Wichtig ist, dass man eine Grundlage hat.“

 

Eigne ich mich zur Grundschullehrkraft?

Nach mehr als acht Jahren im Job weiß Steve Hoppe, worauf es als Grundschullehrer ankommt:

  1. „Absolute Sympathie und Empathie für Kinder in diesem Alter sollten vorhanden sein.“

  2. „Wenn’s mal nicht so gut miteinander klappt, sage ich mir immer: ‚Ich begegne dir heute, als wär’s für uns beide der erste Tag.‘ Die Bereitschaft, immer wieder frisch, wach und unbefangen auf die Kinder zuzugehen, ist unbedingt nötig.“

  3. „Es ist völlig normal, etwas nicht zu wissen oder Fehler zu machen. Ich habe kein Problem, zu sagen, dass ich etwas nicht weiß oder es nachschauen muss. Ich will den Kindern vermitteln, dass es normal ist, das selbstbewusst zu sagen. Darin sehe ich meine Rolle – Lehrer sind keine perfekten Wesen.“

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