Im Schuljahr 2025/2026 sind rund 3.000 Lehrkräfte in Sachsen abgeordnet. Sie unterstützen Schulen, an denen besonders viele Lehrkräfte vor allem im ländlichen Raum fehlen. Einer von ihnen ist Christian Kleinpeter, Englisch- und Sportlehrer aus Dresden. Er hilft am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) Meißen-Radebeul als Abgeordneter in Teilzeit aus. Mit seinem Unterricht sorgt er dafür, dass angehende Chemie-, Pharma- und Biologie-Laborantinnen und –Laboranten sich im Beruf fachlich fundiert auf Englisch verständigen können. An seiner Stammschule, dem BSZ für Wirtschaft Franz Ludwig Gehe in Dresden, unterrichtet der 35-Jährige außerdem Sport. Zwei Mal pro Woche pendelt er zwischen beiden Schulen.
Eine neue Schule kennenlernen: „Coole Sache“
Inzwischen ist Kleinpeter versierter Schulhopper: Die erste Abordnung kam im September 2023, acht Wochen nach Schulstart, auf ihn zu. Der Schulleiter bat zum Gespräch. „Ich wusste, an der Abordnung führt kein Weg vorbei“, sagt Kleinpeter. An seiner Stammschule gab es fünf Englischlehrer, am BSZ in Radebeul nur zwei.
De facto kam niemand sonst in Frage: „Es gibt eine Altersgrenze, die eine Person schon überschritten hatte. Ein Lehrer war schon abgeordnet, einer Personalrat und einer hat eine Fächerkombination, mit der es nicht ging.“ Die Auswahl der abgeordneten Lehrkräfte findet immer in Absprache mit den Schulleitungen und der Schulaufsicht statt. „Ich war Lehrer in Vollzeit und sehr zufrieden. Alles für das Schuljahr war vorbereitet. Das wäre in Dresden sehr entspannt geworden.“ Dennoch nahm er die neue Aufgabe von der positiven Seite: „Ich sehe dann mal eine andere Schule und fand das cool.“
Typisch französisch? Es geht nicht nur um Fachspezifisches im Englischunterricht am naturwissenschaftlichen BSZ Radebeul. Christian Kleinpeter und die Schüler dieser Englischklasse setzen sich auch mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Stereotypen und Vorurteilen in der anderen Sprache auseinander. Foto: Albert Tomaschewski
„Ich musste selbst wieder richtig Vokabeln lernen“
Nach den Herbstferien unterrichtete er elf Stunden an zwei Tagen in Radebeul. Die Vorbereitung in den zweiwöchigen Ferien vorher war sportlich. Das BSZ Meißen-Radebeul hat einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt – ganz anders als das Dresdener BSZ für Handelsberufe. „Ich hatte Chemielaboranten, das war völlig neu. Der Lehrplan gibt einen Rahmen vor, was behandelt werden soll, etwa Arbeitssicherheit. Aber was das genau bedeutet, das wusste ich nicht. Ich habe mich in den ersten Stunden hingesetzt und gesagt: Erklärt mir, was ihr macht. Darauf baue ich dann den Unterricht auf.“
Arbeitssicherheit im Labor, die Eigenschaften verschiedener Stoffe oder das Periodensystem auf Englisch – Themen, die für Kleinpeter Neuland waren. „Ich musste selbst wieder richtig Vokabeln lernen und neue Berufe kennenlernen.“ Unterstützung bekam er von einer Kollegin vor Ort. In Dresden unterrichtete er weiterhin Sport.
Alt- und Anbau des BSZ Radebeul, an dem Christian Kleinpeter derzeit an zwei Tagen in der Woche Englisch unterrichtet. Fotos: Christian Kleinpeter
Sehr interessant, sehr neu – und wieder sehr viel Arbeit
Nach den Abschlussprüfungen im Sommer 2024 wollte Radebeul ihn behalten. „Mir hat es Spaß gemacht, ich habe gesagt, dass ich gern für acht Stunden bleibe.“ Vor den Winterferien im Februar 2025 kam eine neue Anfrage: Eine Kollegin ging in Mutterschutz. Kleinpeter übernahm zahlreiche weitere Stunden. Das bedeute: neue Berufe, auf die der Englischunterricht abgestimmt werden musste – Chemikanten und Pharmakanten; zusätzlich zu den Chemielaboranten noch Biologie- und Physiklaboranten. „Das war alles wieder sehr interessant, sehr neu und wieder sehr viel Arbeit.“
Organisation und Infrastruktur entscheiden
In Dresden blieb ihm schließlich nur noch ein Tag mit einer Hälfte Sportunterricht plus Aufgaben als Klassenlehrer. „Da wird es schwierig mit der ganzen Organisation: vom Eintragen ins Klassenbuch, Führen des eigenen Klassenbuches über das Noten-Eintragen bis zum Melden der Fehlzeiten in den Betrieben. Das ist an einem Tag in der Woche eigentlich nicht machbar.” Nach einer Elternzeitphase im Sommer 2025 arbeitet Kleinpeter inzwischen in Teilzeit mit 16 Stunden: Donnerstags und freitags je vier Stunden in Radebeul, danach vier in Dresden. „Acht Stunden Unterricht am Tag sind tough, aber das war mein Wunsch.“ Praktisch: Infrastruktur und Wegzeiten passen. Der Weg nach Radebeul ist sogar kürzer als der nach Dresden – etwa 20 Minuten Fahrt.
Was ist am Netz zu beachten? Wie wird richtig gepritscht? An seiner Stammschule, dem BSZ für Wirtschaft Franz Ludwig Gehe in Dresden, lehrt Christian Kleinpeter aktuell Sport – hier in der Turnhalle des BSZ für Gastgewerbe. Fotos: Loris Eckner
Zweite und dritte Abordnung auf eigenen Wunsch
Mittlerweile ist Kleinpeter im dritten Jahr seiner Abordnung, alles ist auch in Radebeul bestens vorbereitet. „Im zweiten und dritten Jahr habe ich selbst den Antrag gestellt“, sagt er. „Ich wollte auch verhindern, dass ich womöglich stattdessen an einen weit entfernten Ort geschickt werde, sondern in Radebeul bleiben.“
Noch mehr Neubauten am BSZ Radebeul, an dem Christian Kleinpeter in den letzten Jahren als Lehrer in Abordnung die meiste Zeit in der Woche unterrichtete – und an dem er sich ebenso wohl fühlt wie an seiner Stammschule, dem BSZ Franz Ludwig Gehe in Dresden. Foto: Christian Kleinpeter
Bitte nicht zu wohl fühlen!
Die Zusammenarbeit mit den Schulleitungen an beiden Orten findet Kleinpeter optimal. „Ich bin den Schulleitungen wahnsinnig dankbar, dass sie das alles so organisiert haben“, betont er. Kleinpeters Engagement wird wertgeschätzt. „Radebeul ist happy, dass ich da bin. In Dresden hat mein Schulleiter im Scherz gesagt, dass er hofft, dass ich mich dort nicht zu wohl fühle.” Vielleicht kehrt Kleinpeter zum Schuljahr 2025/2026 nach Dresden zurück. „Es gibt zwei neue Englischlehrkräfte in Radebeul und eine Kollegin kommt zurück.“ Abordnungen sind in Sachsen grundsätzlich auf ein Jahr befristet, können aber verlängert werden. Sie sollen helfen, Engpässe zu überbrücken, bis dauerhaftes Personal gefunden ist.
Keine Strafe, sondern Chance
Für einige Lehrkräfte ist der Unterricht an einer zweiten Schule nichts Neues. Ein Kollege von Christian Kleinpeter mit Zweitfach Religion unterrichtete anfangs ebenfalls Religion an einer anderen Schule; ein Fach, das damals am BSZ nicht gelehrt wurde. Kleinpeter sieht seine Abordnung als Bereicherung: „Wenn man sich im Schuldienst weiterentwickeln und etwa Führungsaufgaben übernehmen möchte, muss man auch so flexibel sein, an eine andere Schule oder in eine andere Organisation zu gehen.“ Dass es Lebenssituationen gibt, in denen eine Abordnung ungelegen kommt, kann Kleinpeter verstehen, aber: „Ein älterer Kollege meinte mal, das sei eine Strafe. Das ist es nun wirklich ganz und gar nicht.“