Ina Loschelders, stellvertretende Schulleitung und Chemielehrerin im Profil. Der Hintergrund ist verschwommen.

„Als Lehrkräfte geben wir ganz oft nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung.“ 

Viele Lehrkräfte übernehmen nicht nur Verantwortung für ihre Schülerinnen und Schüler, sondern oft auch für Ihre Schule als Ganzeszum Beispiel, indem sie sich in der Leitung engagieren. Ina Loschelders ist stellvertretende Schulleiterin an der Friedrich-Adolf-Wilhelm-DiesterwegOberschule in ChemnitzSie erzählt, welche Aufgaben diese Tätigkeit mit sich bringt und worauf es im Lehrberuf wirklich ankommt. 

Liebe Frau Loschelders, Sie sind stellvertretende Schulleiterin an der F.-A.-W.-Diesterweg-Oberschule in Chemnitz. Wie sind Sie zu dieser  Position gekommen? 

 

Bevor ich mich für den Lehrerberuf entschieden habe, habe ich ein Magisterstudium in Englisch und BWL in Chemnitz absolviert. Währenddessen konnte ich aber schon etwas Praxiserfahrung sammeln, als Lehrerin an der Volkshochschule und in Studienkreisen. Durch eine andere Lehrkraft in meiner Familie hatte ich die Gelegenheit, an einer Oberschule zu hospitieren. Da habe ich gemerkt, dass dieser Beruf wirklich etwas für mich ist. Also habe ich mich für ein weiteres, ein Lehramtsstudium an der TU Dresden entschieden. Es war mir wichtig, auch ein MINT-Fach zu übernehmen, in dem neue Lehrkräfte besonders gesucht werden. Ich habe mich für Chemie entschieden. Während des Studiums habe ich schon ein Praktikum an der F.-A.-W.-Diesterweg Oberschule gemacht, nach dem Abschluss direkt auch mein Referendariat. 2020 wurde ich verbeamtet.  

Und dann kam Corona… 

 

Genau! Das war natürlich eine besondere Herausforderung. Außerdem wurde ich in dieser Zeit Mutter. Seit 2022 bin ich wieder vollständig zurück im Beruf. Weil an unserer Schule dringend eine stellvertretende Schulleitung gesucht wurde, habe ich die Position übergangsweise übernommen, bis wir hierfür eine reguläre Kollegin oder einen Kollegen finden. Danach werde ich mich wieder voll auf den Unterricht konzentrieren. Ich denke, ich mache meine Sache ganz gut, auch, weil die Unterstützung aus dem Kollegium sehr groß ist. Langfristig ist das aber eine Aufgabe für eine erfahrenere Lehrkraft. 

Was ist ihre Hauptaufgabe bei Ihrer Arbeit als stellvertretende Schulleiterin? 

 

Ein wichtige Aufgabe ist die Verwaltung der Stundenpläne. In der Regel beginnt mein Arbeitstag damit, zu klären, wie wir als Schule aktuelle Ausfälle auffangen, etwa wenn ein Kollege oder eine Kollegin sich kurzfristig krank melden müssen. Dann stellen sich Fragen wie: Können wir eine Vertretung organisieren oder müssen wir den Unterricht ausfallen lassen? Wer kann am besten einspringen? Außerdem baue ich langfristige Änderungen in unsere Stundenpläne ein, zum Beispiel, wenn wir neue Referendarinnen und Referendare begrüßen oder ältere Kolleginnen und Kollegen in Rente gehen. 

Welche Aufgaben übernehmen sie außerdem noch? 

 

Ich übernehme vieles rund um die Planung größerer Projekte an unserer Schule: Themenwochen, Spendenläufe oder Veranstaltungen rund um die Berufsorientierung unserer älteren Schüler. Ansonsten besteht mein Job oft ganz einfach darin, ein offenes Ohr zu haben und da zu sein, wenn jemand aus dem Kollegium oder eine Schülerin oder ein Schüler mit einer Herausforderung in der Tür steht. 

Wodurch zeichnet sich die F.-A.-W.-Diesterweg Oberschule besonders aus? 

 

Ganz sicher durch unser engagiertes Kollegium und die engagierte Schülerschaft. Wir nehmen gerne vieles selbst in die Hand. Als etwa unser Essensanbieter unseren Schulkiosk länger nicht mehr in gewohnter Weise bedienen konnte, haben unsere Schülerinnen und Schüler schnell angefangen, über eigene Lösungen nachzudenken. Aktuell experimentieren sie mit einem Projekt, bei dem sie selbst in begrenztem Umfang Sandwiches und Co. vorbereiten und anbieten. An dieser Idee tüfteln sie aktuell noch herum, probieren aus, was funktioniert und was nicht. Wir sind stolz, wie ernsthaft sie bei der Sache sind und sind gespannt, was sie am Ende auf die Beine stellen.  

Daneben können wir uns über ein sehr schönes Schulgebäude im Bauhaus-Stil freuen. Es bietet uns geräumige Klassenräume und eine große Aula, die wir gerne nutzen, etwa für Konzerte. Außerdem halten wir einen kleinen Lokal-Rekord: Wir sind in Chemnitz die Oberschule mit den meisten iPads. Das ist für unsere Schülerinnen und Schüler natürlich auch etwas Besonderes.  

Wenn Sie an ihren Alltag denken: Was begeistert Sie am meisten am Lehrberuf? Was motiviert Sie? 

 

Die Fortschritte der Kinder und Jugendlichen über die Jahre hinweg. Es ist unglaublich spannend, dabei zusehen zu dürfen, wie ein Mensch sich über einen längeren Zeitraum entwickelt. Natürlich bin ich auch stolz, wenn ich selbst einen kleinen Teil dazu beitragen kann. Aber das Schönste ist, zu beobachten, was die Schülerinnen und Schüler alleine schaffen. Als Lehrkräfte geben wir ganz oft nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung. Meistens ist das Beste, was wir tun können, den Kindern und Jugendlichen beizubringen, wie sie sich selbst etwas aneignen. 

Haben Sie einen Tipp für Lehramtsstudierende oder angehende Lehrkräfte? 

 

Sammelt Praxiserfahrung, wo immer ihr könnt! Nutzt die Praktika, die ihr während des Studiums machen könnt und hospitiert, was das Zeug hält! Das Meiste über den Lehrberuf lernt man, indem man mitten im Geschehen ist und aufsaugt, was um einen herum passiert. Außerdem ist es gut, zu wissen, auf welche Fächer es im Studium ankommt. Als Lehrkraft ist es oft gar nicht so wichtig, in seinen jeweiligen Fachdisziplinen überragend zu sein – auch wenn das natürlich hilft. Viel wichtiger sind Themen wie Entwicklungspsychologie. Begreife ich überhaupt, wo meine Schülerinnen und Schüler sich mental gerade befinden? Wie kann ich sie aktivieren? 

Wie zeigt sich das im Schulalltag? 

 

Praktisch gesagt: Ich lese als Englischlehrerin mit meinen Schülern nur sehr selten Shakespeare und werde mit ihnen als Chemielehrerin Themen wie die höhere organische Chemie vermutlich bestenfalls ankratzen. Aber das ist nicht schlimm. Es ist gar nicht die Aufgabe der Schule, mit den Kindern und Jugendlichen bis in die Tiefen jedes Fachs vorzudringen. Das Wichtigste ist, dass wir ihnen eine gewisse Begeisterung für ein Thema vermitteln und ihnen das Handwerkszeug mitgeben, es sich selbst anzueignen. Genauso machen wir aus ihnen gebildete, selbstbestimmte Erwachsene. Das ist, was Schule kann. 

 

Frau Loschelders, wir danken für das Gespräch!  

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