Ingo Pfretzschner ist seit 2001 Schulleiter an der Frohburg Oberschule Maxim Gorki im Landkreis Leipzig. Die Entwicklung seiner Schule betrachtet er als seine Hauptaufgabe. Sie gelingt ihm vor allem in Zusammenarbeit mit seinem Team aus Stellvertreter, Sekretariat, Lehrerkollegium und vielen anderen Akteuren rund um Schule – alles im Dienste seiner Schülerinnen und Schüler.
Es ist circa 6.45 Uhr am Morgen. Zu dieser Jahreszeit ist es draußen noch stockduster. Im Sekretariat der Frohburg Oberschule Maxim Gorki jedoch brennt schon Licht: Schulleiter Ingo Pfretzschner, sein Stellvertreter Patrick Gerhardt und auch die Kolleginnen und Kollegen trudeln langsam ein – um 7.30 Uhr beginnt der Unterricht. „Der erste Griff geht zu der Uhrzeit natürlich zum Kaffee“, lacht Pfretzschner.
Danach steht für ihn die erste Besprechung mit seinem Stellvertreter an. Im Sekretariat erfragt er Meldungen und besondere Vorkommnisse. Dann führt Pfretzschners Weg ihn ins Lehrerzimmer, um seine Kolleginnen und Kollegen zu begrüßen und die allgemeine Stimmungslage einzuschätzen. Sofern Pfretzschner nicht selbst direkt zur ersten Stunde Unterricht hat, dreht er zum Einlassbeginn um 7.20 Uhr eine Runde über den Flur, begrüßt seine Schülerinnen und Schüler, zeigt auch dort Präsenz. Schließlich begibt er sich in die Schülerfirma und schaut nach dem Rechten. Dort organisieren die Schülerinnen und Schüler der Frohburg Oberschule Maxim Gorki einen eigenen Essensverkauf
Als Schulleiter hält Pfretzschner „den Laden am Laufen“
Wenn der Unterricht dann um 7.30 Uhr beginnt, ist es bis zur ersten Pause erst einmal ganz ruhig im Schulgebäude – und Pfretzschner kann sich seinen Aufgaben widmen. Als Schulleiter hält er gewissermaßen „den Laden am Laufen“: Verwaltungsaufgaben wie Meldungen, Informationen und Beurteilungen vom LaSuB und dem Kultusministerium gilt es umzusetzen. Beispielsweise erhalten verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer neuerdings alle drei Jahre eine Beurteilung, also muss Pfretzschner auch im Unterricht hospitieren. Zudem führt er Elternabende sowie Schul-, Lehrer- und Fachkonferenzen durch.
Weiterhin habe Pfretzschner den monetären Haushalt zu führen, mit Reinigungskräften und dem Hausmeister zusammenzuarbeiten, zählt Pfretzschner seine vielfältigen Arbeitsbereiche auf. „Viele dieser Arbeiten habe ich im Laufe der Jahre automatisiert. Als erfahrener Schulleiter kann man auch Wichtiges vom Unwichtigen trennen und weiß, welche Dinge man getrost beiseitelegen kann.“ Eine Besonderheit der Oberschule Maxim Gorki in Frohburg ist die Grundschule Frohburg auf dem gleichen Gelände mit gemeinsamer Raumnutzung. Natürlich bespreche er sich daher auch regelmäßig mit der Leiterin der Grundschule.
Auch in Zukunft ein attraktiver Lernort bleiben - Schulentwicklung als Kernaufgabe
Seine Kernaufgabe als Schulleiter jedoch ist es, die Schule weiterzuentwickeln und gemeinsam mit seinem Team Ideen voranzubringen, um die Schule für die Schülerinnen und Schüler- und Elternschaft attraktiver zu machen. In dieser Aufgabe sieht sich Pfretzschner jedoch nicht allein – im Gegenteil: Er ist ein absoluter Teamplayer, agiert immer gemeinsam mit seinem Stellvertreter, dem Sekretariat und dem Kollegium. Und das ist es auch, was ihn motiviert: etwas Sinnvolles zu schaffen, das der Schule und allen daran Beteiligten einen Mehrwert bringt.
„Im Auftrag“ seiner Schülerinnen und Schüler, sozusagen: „Ich sag immer, die Schülerinnen und Schüler sind unsere Arbeitgeber. Wenn sich unsere Arbeitgeber nicht an unserer Schule anmelden, dann geht unsere Schule pleite.“ Anmeldungen gebe es vor allem, wenn an einer Schule gute Arbeit geleistet würde. „Dementsprechend versuche ich auch in Richtung meiner Schülerinnen und Schüler ein Partner zu sein.“
Die Rolle des Menschen steht vor der des Schulleiters
Im Falle von Verfehlungen müsse er zwar entsprechend agieren, doch er lege großen Wert darauf, die Persönlichkeit des Schulleiters hinter der des Menschen und Lehrers zurückzustellen – gerade in den Klassen, in denen er selbst unterrichtet. „Ein Schüler, der mit mir spricht, soll nicht das Gefühl haben, dass hier jetzt der Schulleiter spricht. So will ich auch im Kollegium wahrgenommen werden: als Ansprechpartner.“
Ein guter Schulleiter müsse außerdem in allen Situationen Ruhe bewahren können. Und man müsse Vertrauen haben – gerade in sein Kollegium, gleichzeitig aber immer merken, wenn es Probleme gibt, „deshalb steht meine Tür und die meines Stellvertreters auch immer offen für alle, die hier an der Schule den Weg mit mir bestreiten.“ Den Lernort Schule nach eigenen Ideen gestalten zu können, mache den Beruf des Schulleiters für Pfretzschner besonders reizvoll.
So konnte er beispielsweise die Stadt Frohburg davon überzeugen, dass die Oberschule einen hochmodernen naturwissenschaftlichen Anbau benötigt. „Die Fertigstellung dieses Anbaus war ein Moment, in dem ich als Schulleiter gesehen habe: Da habe ich das Richtige getan – nicht aufgegeben und mit meiner persönlichen Arbeit etwas Gutes geschaffen.“
Geschichtslehrer und Zeitzeuge in einem - Pfretzschner hat noch in der DDR studiert
Wissen zu vermitteln und der Umgang mit anderen Menschen haben Pfretzschner damals für den Lehrberuf begeistert. Er hat noch einen klassischen DDR-Werdegang erlebt, an der Pädagogischen Hochschule in Potsdam Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert. Direkt nach dem Studium ist er drei Jahre Lehrer in Oschatz, unterrichtet ab 1987 dann in Borna als Klassenleiter. „Da war es dann ja nicht mehr lang bis zur Wende“, erinnert er sich. Mit der Umbruchsphase der Wendejahre konnten die Eltern und Schüler einmalig in der Geschichte selbst ihren Schulleiter wählen.
Im Sommer 1990 wird Pfretzschner dann mit nur 29 Jahren zum Schulleiter gewählt – und ist damit der jüngste im damaligen Regierungsbezirk Leipzig. An der Oberschule Maxim Gorki ist er nun seit 2001 Schulleiter. „Wenn ich dann mit 66 gehe, bin ich der letzte meiner Art“, lacht Pfretzschner. Der letzte, der noch in der DDR studiert und gelehrt, sowie in der Wendezeit Schulleiter geworden ist – und damit auch ein Zeitzeuge.
Unterrichten kommt für den Schulleiter leider etwas zu kurz
Gerade als Deutsch- und Geschichtslehrer nimmt Pfretzschner damit eine besondere Rolle ein, auch wenn er als Schulleiter heute aufgrund vieler Abminderungsstunden als Ausgleich nur noch zwölf Wochenstunden regulären Unterricht gibt. Die Tür zu schließen und für mindestens 45 Minuten nur mit der Klasse als Lehrer zu interagieren, das genieße er heute besonders. Er sei dann ganz losgelöst von allen Dingen, die ihn als Schulleiter umtreiben.
Gern würde er daher mehr unterrichten, bloß die Zeit dazu fehlt. Wegen Besprechungen oder Konferenzen müsse er sogar häufiger seinen Unterricht vertreten lassen, was er bedauere. „Wenn aber plötzlich Eltern wegen Problemen in der Familie oder mit ihren Kindern vor der Tür stehen, dann kann ich nicht sagen: Tut mir leid, ich geh jetzt in den Unterricht.“
Als Lehrer und Schulleiter gibt es immer etwas zu tun
Neben dem Unterrichten selbst sei es der Spaß und die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, die Pfretzschner beruflich antreibe: „Es macht Freude ins Lehrerzimmer zu kommen.“ Das liege auch an seinem jungen und engagierten Lehrerkollegium. Trotz all der Leidenschaft, die Pfretzschner für seinen Beruf hegt, sei jedoch eine Sache nicht zu unterschätzen: „Die geistige und körperliche Anstrengung mit Betreten bis zum Verlassen der Schule immer in Bereitschaft zu sein.“
Deshalb seien die Ferien auch ein essenzieller Zeitraum zur Regeneration. „Sobald sich die Ferien dem Ende zuneigen, sitzt man schon wieder in den Startlöchern, macht sich erneut Gedanken: was kannst du verbessern? Das ist eigentlich der Antrieb: Immer wieder neu gemeinsam etwas in der Schule zu vollbringen.“