Lausitz: Region in Deutschland zwischen Brandenburg und Sachsen, landschaftlich geprägt durch Flüsse und Seen, historisch geprägt durch die sorbische Kultur. Hier im Landkreis Bautzen liegt der kleine Ort Laske, in dem die 25-jährige Lehramtsstudentin Lydia Mattick geboren und aufgewachsen ist. Wir haben sie zum Interview getroffen und gefragt, was die Sorbin mit ihrer Heimat verbindet, wie sie durch ihre Herkunft geprägt wird und warum sie Sorbisch und Geschichte auf Lehramt studiert.

LEHRERIN SACHSEN: Liebe Lydia, du kommst aus der Lausitz, bist dort geboren und aufgewachsen. Wie würdest du deine Heimat beschreiben?

 

Lydia: In der Lausitz geht es sehr familiär und trotzdem bunt zu: Jeder kennt jeden, man fühlt sich verstanden und akzeptiert und es gibt viele gemeinsame Projekte. Schon deshalb komme ich immer wieder gerne in meine Heimat zurück.

 

LEHRERIN SACHSEN: Du hast als Kind eine sorbische Grund- und Mittelschule und als Jugendliche ein sorbisches Gymnasium besucht. Wie präsent war die sorbische Sprache und Kultur für dich in diesen Schulen?

 

Lydia: Sehr präsent! Fast alle Schülerinnen und Schüler und fast alle Lehrerinnen und Lehrer waren sorbische Muttersprachler. Abgesehen davon, dass wir mindestens zweimal in der Woche sorbischen Unterricht hatten, haben wir auch untereinander auf dem Schulhof sorbisch gesprochen.

 

LEHERERIN SACHSEN: Und wie präsent ist die sorbische Sprache und Kultur für dich heute im Alltag in der Lausitz?

 

Lydia: Das kommt ganz darauf an, wo man lebt. Die Lausitz erstreckt sich über zwei Bundesländer, Brandenburg und Sachsen, und die Region selbst gliedert sich in die Ober- und die Niederlausitz. In der ländlichen Oberlausitz wird im Alltag noch viel Sorbisch gesprochen und sorbische Traditionen gepflegt. In den Städten wie Kamenz, Bautzen oder Hoyerswerda hingegen ist die Alltagssprache inzwischen eher deutsch.

 

Wieder anders verhält es sich in der Niederlausitz: Hier wird im Alltag eher wenig Sorbisch gesprochen, aber auch hier werden sorbische Bräuche und Traditionen noch stark gepflegt. Sorbisch ist hier eher Zweit- als Muttersprache.

LEHRERIN SACHSEN: Wie lebst du beziehungsweise deine Familie die sorbische Sprache und Kultur?

Lydia: Wir sprechen zu Hause sorbisch. Außerdem pflegen wir in unserem Dorf die sorbischen Traditionen im Jahreslauf, wie zum Beispiel das Maibaumaufstellen oder die traditionellen Osterbräuche. Zu besonderen Festtagen tragen wir die sorbisch-katholische Tracht. Der katholische Glaube und die sorbische Tradition bilden eine Art Symbiose. Außerdem sind viele Mitglieder der sorbischen Volkstanzgruppe Schmerlitz – auch ich.

Volkstanzgruppe Schmerlitz mit Lydia in der Mitte

LEHRERIN SACHSEN: Erzähl uns davon!

 

Lydia: Die Tanzgruppe besteht seit 1964 und wir treffen uns jeden Samstag mit dem gemeinsamen Ziel, die sorbische Folklore zu erhalten. Mit unseren Tänzen stellen wir sorbische Traditionen tänzerisch dar – das stärkt automatisch den Wunsch, die wunderschönen sorbischen Lieder und Melodien zu erhalten und weiterzugeben.

 

Wem das altmodisch vorkommt: Das ist es nicht! Unser Choreograf Herr Wendisch versucht, die Tradition mit modernen Tanzeinflüssen neu zu interpretieren.

 

LEHERIN SACHSEN: Wie kann man sich das vorstellen?

 

Lydia: Wir versuchen, neue Tanzelemente oder auch slawische Tanzstile mit unseren traditionellen Elementen zu mischen und so Moderne und Folklore zu verbinden. Wir tanzen übrigens nicht nur in der Lausitz! Jedes Jahr machen wir eine Auslandstournee und treten auf verschiedenen Folklorefestivals auf. Sogar in Peru waren wir schon! Dieses Jahr geht es nach Serbien oder Korea und in der Lausitz haben wir unser eigenes Folklorefestival in Crostwitz.

LEHRERIN SACHSEN: Über deine Heimatregion hinaus engagierst du dich auch in Leipzig für die sorbische Sprache und bist Mitglied des sorbischen Studentenvereins „Sorabija Lipsk“. Erzähl uns mehr darüber!

 

Lydia: Die Studentenverbindung besteht seit 1716 und ist die älteste in Leipzig. Wir haben 65 Mitglieder und bieten ihnen unter anderem Wohnraum mit eigenem Klubraum. Wir sind offen für Sorben und Nicht-Sorben, aber die Sorben sind in der Überzahl. Natürlich haben wir auch ein geheimes Aufnahmeritual! (lacht).

 

Besonders bekannt sind wir bei allen Studierenden durch unseren Faschingsverein, der 1980 gegründet wurde und jedes Jahr im Februar eine Faschingsfeier mit einem Motto und einem abwechslungsreichen Programm veranstaltet.

 

LEHERIN SACHSEN: Und was ist euer Ziel?

 

Lydia: Die sorbische Kultursprache auch außerhalb der Heimat zu pflegen und zu leben, aber auch anderen näher zu bringen. Wir pflegen unsere Traditionen auch in Leipzig, indem wir z. B. die Kirmes feiern oder einen Maibaum aufstellen.

LEHRERIN SACHSEN: Was gefällt dir an der sorbischen Sprache und Kultur besonders?

 

Lydia: Die sorbischen Trachten! Ich trage sie allzu gerne und kann mich mittlerweile sogar selbst einkleiden – das habe ich von meiner Oma gelernt!

 

Aber auch die sorbischen Volkslieder gehören für mich unbedingt dazu: Auf fast jedem Dorffest werden sie irgendwann angestimmt. Sie haben einen einfachen Klang und wiederholen sich im Text – so reißen sie alle mit! Wenn die Stimmung dann richtig kocht, wird oft Polka dazu getanzt. Das macht einfach Spaß!

 

LEHRERIN SACHSEN: Mit welchem Klischee über Sorbisch möchtest du aufräumen?

 

Lydia: Dass die sorbische Sprache tot ist. Denn sie lebt – vor allem das Obersorbische!

LEHRERIN SACHSEN: Kommen wir zu deiner Berufswahl. Du studierst im 10. Semester Oberschullehramt in den Fächern Geschichte und Sorbisch an der Universität Leipzig. Warum möchtest du Lehrerin werden?

 

Lydia: Ich habe ein großes Ziel vor Augen: das Sorbische zu erhalten. Es ist zwar noch sehr lebendig, aber vom Aussterben bedroht. Deshalb habe ich mir die Frage gestellt: Wie kann man eine aussterbende Sprache und Kultur erhalten? – Indem man sie an die jungen Generationen weitergibt und die Geschichte der Sorben vermittelt.

 

Außerdem wurde mir schon während meiner Schulzeit immer wieder zurückgemeldet, dass ich Sachverhalte gut erklären kann und meine Vorträge wurden oft gelobt. Wann immer ich konnte, habe ich meinen Mitschülerinnen und Mitschülern geholfen und da war mir klar, dass der Lehrerberuf eine gute Wahl für mich ist.

 

LEHRERIN SACHSEN:  Warum hast du dich für die Schulform Oberschule entschieden?

 

Lydia: Das hatte vor allem praktische Gründe: Auf dem Land gibt es viele gute Oberschulen, so auch in meiner Heimatregion. Und da ich dorthin zurückkehren möchte, lag die Wahl dieser Schulform quasi auf der Hand.

 

Außerdem gibt es nur zwei sorbische Gymnasien: eines in Bautzen und eines in Cottbus. Diese sind aber bereits gut mit jungen Lehrerinnen und Lehrern mit meiner Fächerkombination versorgt.

 

LEHRERIN SACHSEN:  Du konntest bereits praktische Erfahrungen im Unterrichten sammeln. Was war dein bisher schönstes Erlebnis?

 

Lydia: Als ich gemerkt habe, dass es bei den Schülern „Klick“ macht. In meiner 2. Stunde Sorbisch als Fremdsprache in einer 10. Klasse z. B. entstand plötzlich ein „Inside-Joke“ zwischen einer Schülerin und mir auf Sorbisch. Da habe ich gemerkt, dass sich meine Vorbereitungen gelohnt haben und ich etwas vermitteln konnte.

 

LEHRERIN SACHSEN: Zum Schluss: Welche Art von Lehrerin möchtest du werden?

 

Lydia: Ich möchte in meinem Unterricht Spiel und Struktur verbinden, immer ein offenes Ohr haben, freundlich und motivierend sein. In meinem Unterricht soll gemeinsam gelacht und gelernt werden!

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Die Heterogenität und Vielfalt an den sächsischen Schulen nehmen seit Jahren stetig zu: ob Herkunft oder Muttersprache, ob unterschiedliche Leistungsniveaus oder Lernvoraussetzungen. Neben positiven Auswirkungen auf den Schulalltag stellen diese Faktoren aber auch neue Herausforderungen für die schulische Bildung dar. Wie geht man mit dieser neuen Realität um? 

Seit 2018 gibt es in Sachsen ein neues Modellprojekt, das diesen wachsenden Herausforderungen durch den Einsatz von zusätzlichen Fachkräften im Schulalltag begegnen soll: die Schulassistenz. Sie ist als Unterstützungsinstrument für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Lehrkräfte und Eltern gedacht und soll Brücken zwischen den einzelnen Akteuren bauen, aber auch Hilfe und Unterstützung in allen schulischen Bereichen bieten. 

Die vielfältigen Facetten der Schulassistenz

1. Allgemeine Schulassistenz  

Die Arbeit der allgemeinen Schulassistenz umfasst die Unterstützung der Lehrkräfte im Unterricht und die Betreuung der Schülerinnen und Schüler. 

Diese allgemeine Schulassistenz gliedert sich wiederum in zwei Teilbereiche, wobei auch eine Mischform aus beiden möglich ist:  

  • die pädagogische Schulassistenz mit dem Schwerpunkt in Regelklassen 
  • und die Sprach- und Integrationsmittlung mit dem Schwerpunkt in Vorbereitungs- und DaZ*-Klassen. 

Pädagogische Schulassistentinnen und Schulassistenten betreuen die Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts und darüber hinaus; sie begleiten Wandertage oder Ausflüge, bilden die Schnittstelle zu Inklusionsassistentinnen und -assistenten oder Sozialarbeiterinnen und -arbeitern und gestalten Förderstunden.  

Die Sprach- und Integrationsmittlung beinhaltet die gleichen Komponenten, wird aber durch eine starke interkulturelle und kommunikative Komponente ergänzt: Sprach- und Integrationsmittlerinnen und -mittler bilden die kommunikative Basis zwischen der Schule und den zugewanderten Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern. Das tun sie, indem sie beispielsweise bei Elterngesprächen dolmetschen oder Veranstaltungen zur gegenseitigen Verständigung begleiten.  

2. Die Schulverwaltungsassistenz 

Die Arbeit der Schulverwaltungsassistenz unterscheidet sich von der der allgemeinen Schulassistenz, denn sie umfasst vor allem die Bearbeitung von Verwaltungs- und Managementaufgaben sowie Öffentlichkeitsarbeit und PR.  

Der Schwerpunkt der Schulverwaltungsassistenz ist somit organisatorischer und nicht pädagogischer Natur und dient der Unterstützung der Schulleitung bei der Optimierung der schulischen Abläufe. Die Aufgabenverteilung ist von Schule zu Schule unterschiedlich und hängt von den Bedürfnissen der Schülerschaft und der Schulart ab. 

Wichtig: Schulassistentinnen und -assistenten sind keine Lehrer! Ihre Aufgaben sind klar definiert und sie können bei deren Bewältigung immer auf die tatkräftige Unterstützung der Lehrkräfte, der Schulleitung und des Landesamtes für Schule und Bildung (LaSuB) zählen.  

*DaZ ist die Abkürzung für Deutsch als Zweitsprache: Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zählt die deutsche Sprache als Zweitsprache und wird erst nach der Ankunft in Deutschland erlernt. 

Du möchtest Schulassistentin oder -assistent in Sachsen werden? Hier findest du alle Infos:

Nach einigen Jahren in der freien Wirtschaft ging es für Michael Junghannß zurück zum Ursprung. In diesem Jahr schließt er seinen Vorbereitungsdienst an einer sächsischen Grundschule ab und übernimmt dann als vollausgebildeter Lehrer die Leitung einer ersten Klasse – ganz so, wie eigentlich es immer sein Plan war.  

„Eigentlich wollte ich schon seit der zweiten Klasse Lehrer werden“, erzählt Michael Junghannß. „Ich wurde sogar damals von meinen Mitschülern als Herr Lehrer angesprochen“, sagt er lachend. Gerade beendet er seinen Vorbereitungsdienst und übernimmt danach eine Grundschulklasse als Klassenlehrer. Doch bis dahin war es ein langer und kurvenreicher Weg.  

Nach dem Abitur im sächsischen Neustadt an der tschechischen Grenze geht Junghannß für zwei Jahre zur Bundeswehr. Danach zieht es ihn nach Dresden, wo er geboren wurde und aufwuchs bevor er mit seinen Eltern in die Kleinstadt zog. „Ich wollte einfach unbedingt nach Dresden, weil ich diese Stadt liebe. Es ist so schön zum Wohnen, die Leute sind nett. Vor allem, wenn man weiß, wie man sie nehmen muss, scherzt Junghannß. Überhaupt lacht er viel, nimmt vieles mit Humor – man kann sich vorstellen, dass seine Schülerinnen und Schüler ihn schätzen. Etwas ernster fügt er hinzu: „Außerdem: Wenn alle hier abhauen, dann wird es ja nicht besser!“ 

Im Ethikunterricht stehen die Kinder im Fokus – ganz nach Junghannß‘ Idealvorstellung

Mit Kindern konnte er schon immer gut, und weil der Bedarf an männlichen Lehrkräften an Grundschulen so hoch ist, nahm er 2006 sein Studium zum Grundschullehramt an der TU Dresden auf. Neben den drei Grundschulfächern Deutsch, Mathe und Sachunterricht schrieb er sich für Philosophie/Ethik als Ergänzungsfach ein. „Im Ethikunterricht stehen die Kinder im Fokus. Das war genau das, was ich wollte.“ Das Philosophiestudium beeindruckt ihn, bringt ihn auch privat stark ins Reflektieren.

Bis heute bezeichnet Junghannß sich als Idealist. Als junger Mann will er etwas bewirken, engagiert sich im Fachschaftsrat, knüpft zahlreiche Kontakte. Seine Ausbildung als Lehrer hätte er eigentlich 2011 abschließen können. Direkt danach zurück an die Schule zu gehen, konnte er sich jedoch nicht vorstellen: „Das machen viele und das ist auch toll. Aber ich wollte noch etwas sehen von der Welt und bin ein Jahr nach Australien gegangen.“

Vor dem Schuldienst noch einmal für längere Zeit ins Ausland

Diese Zeit im Ausland erweitert seinen Horizont; er nimmt vieles für sich persönlich mit: Empathie, auf Menschen zuzugehen, auch wenn die Verständigung schwierig ist. Heute nützten ihm diese Erfahrungen im Umgang mit Kindern, berichtet er. 

 

Australien aber ist teuer. Als Junghannß zurückkehrt, ist erst einmal das Geld knapp. Zuerst verdingt er sich als Tutor an der TU Dresden, erledigt dann immer mehr Promo-Jobs in der Gastronomie. Auch dort nützt es ihm, dass er leicht auf Fremde zugehen kann. 2014 nimmt er einen Job bei einer Agentur an, bevor er ein Jahr später sein Erstes Staatsexamen schreibt. Durch einen unglücklichen Zufall kann er seinen Vorbereitungsdienst nicht direkt anschließen. Also bleibt er erst einmal im Sales Marketing. Nur für ein Jahr, bis er im darauffolgenden sein Referendariat beginnen kann – denkt er. Doch es kommt anders: Er bleibt, kommt in der Branche viel herum. 

Die Geburt seiner Tochter lässt ihn innehalten

Ein großer Schritt in die Zukunft: 2020 arbeitet Junghannß als Gebietsverkaufsleiter in Leipzig/Dresden für eine Spirituosenfirma als seine Tochter zur Welt kommt. Durch die Zeit mit ihr beginnt er, sich auf sein ursprüngliches Vorhaben zurückzubesinnen. In ihm regt sich eine Stimme: „Ich hab das doch mal studiert! Seit der zweiten Klasse will ich mit Kindern arbeiten und bin dann irgendwie auf Umwege geraten.“  

Ein anderes Bundesland als Sachsen kam für Junghannß nie infrage

Missen möchte er diese Erfahrungen um nichts in der Welt: „Alles, was ich privat und beruflich erleben und sehen wollte, habe ich gehabt!“ Immer wieder wird er gefragt, warum er nicht in Hamburg oder Berlin lebe. Doch schon zu Studienbeginn kam ein anderes Bundesland für Junghannß nicht infrage: „Ich wollte immer in Sachsen bleiben, denn das ist mein Zuhause. Ich werde hier einfach gebraucht!“ 

 

Jetzt sei es für ihn an der Zeit, sich seiner eigentlichen Aufgabe zu widmen – Kindern die Welt zu zeigen. Also bewirbt sich Junghannß für seinen Vorbereitungsdienst, den er an einer Schule auf dem Land leistet – denn gerade dort bedürfe es moderner Strukturen und der Unterstützung von Heterogenität. „Weltoffenheit und Demokratieerziehung sind Grundsätze, die schon in der Grundschule die Basis für unsere Demokratie legen!“  

Grundschulkinder bedürften dringend männlicher Vorbilder

„Da kann man noch was bewegen, gerade als eines der wenigen männlichen Vorbilder.“ Viele Kinder erlebten in ihren ersten Jahren ausschließlich Frauen im erzieherischen Umfeld. Gerade im Sinne der Gleichstellung und Gleichberechtigung war für Junghannß daher klar, dass er als Lehrer an die Grundschule müsse. Und aufs sächsische Land: „Gerade die brauchen jemanden, der da ein wenig frischen Wind reinbringt.“ 

 

Etwa indem er seinen Schülerinnen und Schülern ganz selbstverständlich beibringe, Dinge zu hinterfragen. Geschlechterklischees zum Beispiel: „Wenn ich etwa mit einem rosafarbenen Hemd in die Schule gehe, finden die Schülerinnen und Schüler das völlig verrückt. ‚Haben Sie ein Frauenhemd an, Herr Junghannß?‘, fragen sie dann. Und ich sage: ‚Rosa ist doch eine schöne Farbe, und wenn es mir gefällt, darf ich das doch auch tragen, oder?‘ Das sehen die Kinder dann ein.“ 

Der Lehrer ist Lernpartner und Unterstützer in der Persönlichkeitsentwicklung

Ohnehin begreife er sich nicht allein als Wissensvermittler und Lernpartner. Die Persönlichkeitsentwicklung und das Selbstbewusstsein seiner Schützlinge zu stärken, stünden für ihn an erster Stelle: „Die Kinder wissen jetzt schon, was sie alles nicht dürfen. Das möchte ich umdrehen. Was heißt zum Beispiel ‚lieb sein‘ in den Klassenregeln und was kannst du aktiv dafür tun? Diese Art der positiven Affirmation ist mir extrem wichtig. Es wird immer nach Fehlern gesucht, aber wir müssen doch die Stärken festigen.“  

 

Lehrerinnen und Lehrer tragen dazu einen großen Teil bei, das müsse aber endlich auch in der Gesellschaft ankommen: „Früher dachte ich in meiner Naivität: Lehrer arbeiten vormittags und haben nachmittags frei. Aber das ist natürlich absolut nicht wahr. Wir arbeiten viel und hart!“ Allein für die Organisation rund um den Unterricht ginge viel Zeit drauf. „Eigentlich brauche ich eine Sekretärin.“ 

Lehrer brauchen mehr gesellschaftliche Anerkennung

Trotzdem ist Grundschullehrer nach wie vor Junghannß‘ Traumberuf, und er genießt es, für seine Schülerinnen und Schüler da zu sein, ihnen ernsthaft zuzuhören. Bindung stehe für ihn vor Erziehung und Bildung: „Überall müssen Kinder funktionieren, aber ich lasse sie gern auch Kind sein.“ Annäherung und Austausch seien im Kollegium sein Credo: „Ich will eine Verbindung sein zwischen allen – alten Lehrern, neuen Lehrern, Schülern und Eltern.“ Dass er ein guter Lehrer ist, daran zweifelt man kaum. Er hat immerhin seit der 2. Klasse dafür geübt. 

Du interessierst dich auch für den Schuldienst auf dem sächsischen Land? Hier findest du viele Gründe, die dafür sprechen.

Erst mal kommt der Schulabschluss, und dann? Was willst du nach der Schule machen? Hast du schon Pläne für die Zukunft geschmiedet? Den richtigen Weg zu finden, um deine Ziele anzugehen, ist nicht leicht. Vom 20. bis 22. Januar 2023 fand deswegen die Messe KarriereStart in Dresden statt. Hier haben Hochschulen, Unternehmen und Institutionen aus diversen Gebieten Orientierungshilfen für die Karriereplanung nach dem Schulabschluss geboten.  

Wir haben uns gemeinsam mit dem Kultusministerium und den Universitäten in Dresden, Leipzig und Chemnitz ebenfalls unter die Messebesucherinnen und -besucher gemischt, um dich über deinen gelungenen Start als Lehrerin oder Lehrer zu informieren.

Du brennst für den Lehrberuf? Dann hast du etwas gemeinsam mit über 40 Fachleuten, die Interessierte an unserem Messestand beraten haben. Dort haben Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen unterschiedliche Fragen zur persönlichen Eignung, über Zugangsvoraussetzungen zu Lehramtsstudiengängen, zur Fächerwahl, zum Seiteneinstieg und zu den Berufsaussichten in Sachsen beantwortet. Das ließ sich auch Minister Piwarz nicht entgehen.  

Welche fünf Fragen wir auf Messen am häufigsten beantworten, liest du übrigens hier: die 5 häufigsten Fragen zum Lehramt in Sachsen. Damit klappt dein Einstieg ins Lehramt garantiert ganz einfach und unkompliziert.

Geballte Information über den Einstieg in den Schuldienst lieferten auf der KarriereStart zudem zwei spannende Vorträge: Claudia Schiebel sprach dort über das FSJ Pädagogik und Stephan Passek informierte über Wege in den Seiteneinstieg. Ihre wichtigsten Infos haben wir für euch als Videos zusammengestellt.

Das FSJ Pädagogik in Sachsen – Der Praxistest vor dem Lehramtsstudium

„Ich empfehle das FSJ Pädagogik allen, die sich vorstellen können, mal Lehrerin oder Lehrer zu werden; um zu sehen, ob das der richtige Beruf für mich ist und auch, um die richtige Fächerkombination dort auszutesten. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erleben während dieser Zeit außerdem eine enorme persönliche Weiterentwicklung“, sagt Claudia Schiebel, die für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung in Dresden arbeitet und dort als Projektleiterin das FSJ Pädagogik koordiniert.

Auf unserer Seite findest du übrigens noch viele weitere Infos über das FSJ Pädagogik. Oder lies hier, was Lehramtsstudentin Lisa in ihrem eigenen FSJ für Erfahrungen gesammelt hat und was ihr am besten gefallen hat.

 

Wege für den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf

Was brauchst du überhaupt, um eine Chance im Schuldienst zu haben? Wie dein Weg in die Schule aussehen kann, erläutert Stephan Passek. Er arbeitet als Koordinator für den Seiteneinstieg am Sächsischen Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) am Standort Bautzen. In seinem Vortrag gibt er viele nützliche Infos rund um Qualifizierungswege, Schulpraktische Ausbildung, Anerkennungen von Studienfächern und einige weitere interessante Neuigkeiten und Tipps.

Hier findest du den Link zum Bewerbungsportal.

 

Viele weitere Antworten auf Fragen rund um den Seiteneinstieg in den sächsischen Schuldienst findest du hier:

In ihrem Videoformat „Gute Frage“ widmet sich die TU Dresden regelmäßig wissenschaftlichen Themenkomplexen und befragt dazu Expertinnen und Experten der Universität sowie aus Partnerbereichen. In der Folge über Bildung befasst sich das „Gute Frage“-Team mit der Schule und Bildung der Zukunft und zeigt, wie dafür schon heute der Weg bereitet wird. Eine super spannende Frage, nicht nur für Lehrkräfte und Co.

 

Lernbegleitung statt Frontalunterricht, aufregende Inhalte und Projektarbeit statt Langeweile und kooperative Lernformen statt Noten- und Leistungsdruck: Wie sehen eigentlich zeitgemäßer Unterricht und die Schule der Zukunft aus? In der Folge zum Thema Bildung geht das Videoformat „Gute Frage“ der TU Dresden genau diesem Thema nach.

 

Dabei geben Expertinnen und Experten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Einblick in den Klassenraum der Zukunft, in dem etwa Smartboards, 3D-Drucker und VR-Brillen im Einsatz sein werden. Doch auch die Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte steht zur Debatte; immerhin müssen die Lehrerinnen und Lehrer der Zukunft ihre Schülerinnen und Schüler für das Leben im kommenden Jahrhundert vorbereiten.

 

Wollt ihr wissen, wann man standardmäßig mit VR-Brillen an Schulen rechnen kann, wie eine Beschulung ohne Noten aussieht und wie schon heute die Zukunft von Lernen und Schule gestaltet wird?

 

Wir legen euch das Video ganz besonders ans Herz, denn die Frage nach der Schule der Zukunft ist auch eine Frage nach der Zukunft unserer Gesellschaft und Lebensweise. Schaut euch hier das Video der TU Dresden an:

Du willst schon heute den Schuldienst in Sachsen mitgestalten? Dann findest du hier Infos zur beruflichen Orientierung:

Ingo Pfretzschner ist seit 2001 Schulleiter an der Frohburg Oberschule Maxim Gorki im Landkreis Leipzig. Die Entwicklung seiner Schule betrachtet er als seine Hauptaufgabe. Sie gelingt ihm vor allem in Zusammenarbeit mit seinem Team aus Stellvertreter, Sekretariat, Lehrerkollegium und vielen anderen Akteuren rund um Schule – alles im Dienste seiner Schülerinnen und Schüler.

Es ist circa 6.45 Uhr am Morgen. Zu dieser Jahreszeit ist es draußen noch stockduster. Im Sekretariat der Frohburg Oberschule Maxim Gorki jedoch brennt schon Licht: Schulleiter Ingo Pfretzschner, sein Stellvertreter Patrick Gerhardt und auch die Kolleginnen und Kollegen trudeln langsam ein – um 7.30 Uhr beginnt der Unterricht. „Der erste Griff geht zu der Uhrzeit natürlich zum Kaffee“, lacht Pfretzschner.

Danach steht für ihn die erste Besprechung mit seinem Stellvertreter an. Im Sekretariat erfragt er Meldungen und besondere Vorkommnisse. Dann führt Pfretzschners Weg ihn ins Lehrerzimmer, um seine Kolleginnen und Kollegen zu begrüßen und die allgemeine Stimmungslage einzuschätzen. Sofern Pfretzschner nicht selbst direkt zur ersten Stunde Unterricht hat, dreht er zum Einlassbeginn um 7.20 Uhr eine Runde über den Flur, begrüßt seine Schülerinnen und Schüler, zeigt auch dort Präsenz. Schließlich begibt er sich in die Schülerfirma und schaut nach dem Rechten. Dort organisieren die Schülerinnen und Schüler der Frohburg Oberschule Maxim Gorki einen eigenen Essensverkauf

Als Schulleiter hält Pfretzschner „den Laden am Laufen“

Wenn der Unterricht dann um 7.30 Uhr beginnt, ist es bis zur ersten Pause erst einmal ganz ruhig im Schulgebäude – und Pfretzschner kann sich seinen Aufgaben widmen. Als Schulleiter hält er gewissermaßen „den Laden am Laufen“: Verwaltungsaufgaben wie Meldungen, Informationen und Beurteilungen vom LaSuB und dem Kultusministerium gilt es umzusetzen. Beispielsweise erhalten verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer neuerdings alle drei Jahre eine Beurteilung, also muss Pfretzschner auch im Unterricht hospitieren. Zudem führt er Elternabende sowie Schul-, Lehrer- und Fachkonferenzen durch.

 

Weiterhin habe Pfretzschner den monetären Haushalt zu führen, mit Reinigungskräften und dem Hausmeister zusammenzuarbeiten, zählt Pfretzschner seine vielfältigen Arbeitsbereiche auf. „Viele dieser Arbeiten habe ich im Laufe der Jahre automatisiert. Als erfahrener Schulleiter kann man auch Wichtiges vom Unwichtigen trennen und weiß, welche Dinge man getrost beiseitelegen kann.“ Eine Besonderheit der Oberschule Maxim Gorki in Frohburg ist die Grundschule Frohburg auf dem gleichen Gelände mit gemeinsamer Raumnutzung. Natürlich bespreche er sich daher auch regelmäßig mit der Leiterin der Grundschule.

Auch in Zukunft ein attraktiver Lernort bleiben - Schulentwicklung als Kernaufgabe

Seine Kernaufgabe als Schulleiter jedoch ist es, die Schule weiterzuentwickeln und gemeinsam mit seinem Team Ideen voranzubringen, um die Schule für die Schülerinnen und Schüler- und Elternschaft attraktiver zu machen. In dieser Aufgabe sieht sich Pfretzschner jedoch nicht allein – im Gegenteil: Er ist ein absoluter Teamplayer, agiert immer gemeinsam mit seinem Stellvertreter, dem Sekretariat und dem Kollegium. Und das ist es auch, was ihn motiviert: etwas Sinnvolles zu schaffen, das der Schule und allen daran Beteiligten einen Mehrwert bringt.

 

„Im Auftrag“ seiner Schülerinnen und Schüler, sozusagen: „Ich sag immer, die Schülerinnen und Schüler sind unsere Arbeitgeber. Wenn sich unsere Arbeitgeber nicht an unserer Schule anmelden, dann geht unsere Schule pleite.“ Anmeldungen gebe es vor allem, wenn an einer Schule gute Arbeit geleistet würde. „Dementsprechend versuche ich auch in Richtung meiner Schülerinnen und Schüler ein Partner zu sein.“

Die Rolle des Menschen steht vor der des Schulleiters

Im Falle von Verfehlungen müsse er zwar entsprechend agieren, doch er lege großen Wert darauf, die Persönlichkeit des Schulleiters hinter der des Menschen und Lehrers zurückzustellen – gerade in den Klassen, in denen er selbst unterrichtet. „Ein Schüler, der mit mir spricht, soll nicht das Gefühl haben, dass hier jetzt der Schulleiter spricht. So will ich auch im Kollegium wahrgenommen werden: als Ansprechpartner.“

 

Ein guter Schulleiter müsse außerdem in allen Situationen Ruhe bewahren können. Und man müsse Vertrauen haben – gerade in sein Kollegium, gleichzeitig aber immer merken, wenn es Probleme gibt, „deshalb steht meine Tür und die meines Stellvertreters auch immer offen für alle, die hier an der Schule den Weg mit mir bestreiten.“ Den Lernort Schule nach eigenen Ideen gestalten zu können, mache den Beruf des Schulleiters für Pfretzschner besonders reizvoll.

 

So konnte er beispielsweise die Stadt Frohburg davon überzeugen, dass die Oberschule einen hochmodernen naturwissenschaftlichen Anbau benötigt. „Die Fertigstellung dieses Anbaus war ein Moment, in dem ich als Schulleiter gesehen habe: Da habe ich das Richtige getan – nicht aufgegeben und mit meiner persönlichen Arbeit etwas Gutes geschaffen.“

Geschichtslehrer und Zeitzeuge in einem - Pfretzschner hat noch in der DDR studiert

Wissen zu vermitteln und der Umgang mit anderen Menschen haben Pfretzschner damals für den Lehrberuf begeistert. Er hat noch einen klassischen DDR-Werdegang erlebt, an der Pädagogischen Hochschule in Potsdam Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert. Direkt nach dem Studium ist er drei Jahre Lehrer in Oschatz, unterrichtet ab 1987 dann in Borna als Klassenleiter. „Da war es dann ja nicht mehr lang bis zur Wende“, erinnert er sich. Mit der Umbruchsphase der Wendejahre konnten die Eltern und Schüler einmalig in der Geschichte selbst ihren Schulleiter wählen.

 

Im Sommer 1990 wird Pfretzschner dann mit nur 29 Jahren zum Schulleiter gewählt – und ist damit der jüngste im damaligen Regierungsbezirk Leipzig. An der Oberschule Maxim Gorki ist er nun seit 2001 Schulleiter. „Wenn ich dann mit 66 gehe, bin ich der letzte meiner Art“, lacht Pfretzschner. Der letzte, der noch in der DDR studiert und gelehrt, sowie in der Wendezeit Schulleiter geworden ist – und damit auch ein Zeitzeuge.

Unterrichten kommt für den Schulleiter leider etwas zu kurz

Gerade als Deutsch- und Geschichtslehrer nimmt Pfretzschner damit eine besondere Rolle ein, auch wenn er als Schulleiter heute aufgrund vieler Abminderungsstunden als Ausgleich nur noch zwölf Wochenstunden regulären Unterricht gibt. Die Tür zu schließen und für mindestens 45 Minuten nur mit der Klasse als Lehrer zu interagieren, das genieße er heute besonders. Er sei dann ganz losgelöst von allen Dingen, die ihn als Schulleiter umtreiben.

 

Gern würde er daher mehr unterrichten, bloß die Zeit dazu fehlt. Wegen Besprechungen oder Konferenzen müsse er sogar häufiger seinen Unterricht vertreten lassen, was er bedauere. „Wenn aber plötzlich Eltern wegen Problemen in der Familie oder mit ihren Kindern vor der Tür stehen, dann kann ich nicht sagen: Tut mir leid, ich geh jetzt in den Unterricht.“

Als Lehrer und Schulleiter gibt es immer etwas zu tun

Neben dem Unterrichten selbst sei es der Spaß und die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, die Pfretzschner beruflich antreibe: „Es macht Freude ins Lehrerzimmer zu kommen.“ Das liege auch an seinem jungen und engagierten Lehrerkollegium. Trotz all der Leidenschaft, die Pfretzschner für seinen Beruf hegt, sei jedoch eine Sache nicht zu unterschätzen: „Die geistige und körperliche Anstrengung mit Betreten bis zum Verlassen der Schule immer in Bereitschaft zu sein.“

 

Deshalb seien die Ferien auch ein essenzieller Zeitraum zur Regeneration. „Sobald sich die Ferien dem Ende zuneigen, sitzt man schon wieder in den Startlöchern, macht sich erneut Gedanken: was kannst du verbessern? Das ist eigentlich der Antrieb: Immer wieder neu gemeinsam etwas in der Schule zu vollbringen.“

Du willst mehr Infos zum Schuldienst in Sachsen erfahren? Dann findest du hier weitere Informationen:

Mit über 40 Jahren noch einmal einen Neustart wagen – das trauen sich nicht viele. Mike Heinrich hat es getan und nach vielen Jahren im Beruf noch einmal ein Studium zum Lehramt an berufsbildenden Schulen aufgenommen. Seit ein paar Monaten befindet er sich nun im Vorbereitungsdienst und hat uns von seinen Erfahrungen berichtet.

 

„In Mathematik war ich mit Abstand der Älteste“, erzählt Mike Heinrich über sein spät aufgenommenes Studium und ergänzt direkt, dass er zu seiner ehemaligen Lerngruppe trotzdem immer noch ein enges Verhältnis pflegt. Ein paar seiner jüngeren Kommilitonen hätten ihn direkt zu Beginn des Studiums angesprochen und „das rechne ich den Leuten hoch an!“ Diese Offenheit im Studentischen, dass ein 20-Jähriger einen 40-Jährigen anspricht, habe Heinrich sehr begeistert.

 

Mike Heinrich ist inzwischen 50 Jahre alt und befindet sich seit ein paar Monaten in seinem Vorbereitungsdienst zum Lehramt an berufsbildenden Schulen. Vorher hat er viele Jahre als Zimmermann auf der Baustelle gearbeitet. Zunächst als Geselle, wenig später absolviert er die Handwerksmeisterausbildung, arbeitet weiter in Führungsposition auf Baustellen. Diese aber sind für seine Gesundheit nicht das Ideal, die Rentenversicherung rät Mike Heinrich zur Umschulung. Also schaut er sich um, entscheidet sich für den Bautechniker.

 

Zwei Jahre lernt Heinrich in Vollzeit an der Fachschule: „An der Schule habe ich mich auch aufgrund meiner Erfahrungen sehr wohlgefühlt. Teilweise habe ich in den Klassen sogar die Hilfslehrerrolle angenommen und versucht, meinen Erfahrungsschatz zu teilen.“ Bei den Lehrerinnen und Lehrern der Fachhochschule kommen Heinrichs Herangehensweise und seine Offenheit gut an – Lehrer, sagen sie, das wäre doch ein ziemlich passender Beruf für ihn.

Lehrer, das wär’s doch

Heinrich überlegt zu dem Zeitpunkt ohnehin, in welche Richtung es gehen soll. Also informiert er sich, wie der Weg wohl aussehen würde. Ohne ein abgeschlossenes Studium allerdings, gibt es keine Möglichkeit des Seiteneinstiegs, denn um Lehrer zu sein, braucht man einen Hochschulabschluss. „Dann hab‘ ich mir gesagt: Na gut, ein Studium im Leben kann man mal gemacht haben. Probierst du‘s mal.“

Das war vor sechs Jahren, Heinrich ist da 44 Jahre alt. Die Reaktionen in seinem Umfeld sind durchwachsen: Relativ viele Leute bekräftigen ihn, einige Leute können den späten Berufswechsel auch nicht nachvollziehen. „Aber man muss die Entscheidung eben für sich selbst treffen“, findet Heinrich. Nicht nur möchte er gerne einmal das Studium kennenlernen, er will sich auch selbst beweisen, dass er das packt, ein Studium. Also schreibt er sich 2016, mit 44, an der TU Dresden ein, nimmt das berufsbildende Lehramtsstudium für Bautechnik und Mathematik als Zweitfach als Vollzeitstudium auf.

Finanzielle Stabilität dank Stipendium

Leisten kann sich das Mike Heinrich zum einen, weil er vor dem Studium „recht fleißig war und sich ein paar Rücklagen bilden konnte“, wie er sagt. Zum anderen findet er mit dem Aufstiegsstipendium des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein perfekt auf ihn zugeschnittenes Stipendium: Sein spannender Lebenslauf mit dem späten Karrierewechsel, dazu sein gesellschaftliches Engagement in diversen Vereinen und Gremien seines Heimatorts Pennrich qualifizieren ihn neben weiteren Kriterien wie einer abgeschlossenen Berufsausbildung, Berufserfahrung und einer Studienzugangsberechtigung besser als 2,0.

Über diese verfügt Heinrich glücklicherweise dank des Abschlusses der Meisterschule bzw. auch durch die Fachschule, denn „ich glaube nicht, dass ich mein Abitur noch in der Abendschule nachgeholt hätte“, wie er es einschätzt.

Das Stipendium macht finanziell einen großen Unterschied. Doch noch etwas hilft ihm: Er lernt in diesem Rahmen weitere Leute kennen, die mit vergleichbaren Qualifikationen einen ähnlichen Weg wie er gehen: „Wenn man sich mit Leuten in einer ähnlichen Situation unterhält, dann macht das schon Mut.“ Dabei hatten zumindest im Studiengang der beruflichen Bildung schon viele einen beruflichen Hintergrund. Die meisten in Form einer Ausbildung, an die sie nach ein, zwei Jahren das Studium anschließen – gerade im Bereich Gesundheit und Pflege. So alt wie Mike Heinrich war dennoch kaum jemand.  

Zum Glück hatte ich meine Lerngruppe, sagt Mike Heinrich

Anschluss findet Heinrich trotzdem schnell: Seiner Lerngruppe sei es in Teilen auch zu verdanken, dass er das Studium überhaupt gepackt habe, sagt er. Gerade das Mathematik-Studium hatte es nämlich ganz schön in sich: Die ersten Module des Mathestudiums Analysis und lineare Algebra – „zwei ganz schöne Brocken“ – finden in großen Vorlesungen von 300 bis 400 Menschen gemeinsam mit den Mathematik-, den Physik- und drei Händen voll Lehramtsstudierende statt. „Da sitzen dann all die Mathe-Nerds und dementsprechend ist das Niveau der Vorlesung.“ Obwohl Mathematik ihm schon immer liegt, „hat es im Studium zwischendurch echt ein bisschen wehgetan“, sagt er nun erleichtert lachend, „gut, dass wir diese Lerngruppe hatten.“

 

Aus der Lerngruppe hat sich über die Zeit des Studiums ein echter Freundeskreis entwickelt. „Das ist so wichtig, das kann ich jedem nur empfehlen, sich so früh wie möglich mit anderen zusammen zu tun und Lerngruppen zu bilden. Zum einen aus fachlicher Sicht, weil man sich gegenseitig ergänzt, aber auch motivatorisch. Jeder hat mal ein Loch und sagt, ich schmeiß hin und dann fangen die Anderen einen auf.“

Ein klares Ziel im Blick: voll ausgebildeter Lehrer in 2024

Die anderen Module hat Heinrich dagegen als wesentlich angenehmer wahrgenommen. Im Sommer 2022 besteht er nach sechs Jahren Studium sein erstes Staatsexamen. Seit ein paar Monaten befindet er sich nun in seinem Vorbereitungsdienst am Berufsschulzentrum Pirna. Zwar habe er zu Beginn aufgrund der Entfernung und weil er in Dresden gut vernetzt ist, mit dem Standort Pirna gehadert, die Schulleitung aber kam dem engagierten Lehrer sehr entgegen, sodass er einige Aufgaben auch im Homeoffice erledigen kann. „Aus meiner Sicht bietet das Berufsschulzentrum Pirna außerdem ziemlich gute Bedingungen“, findet Mike Heinrich.

 

Da er seinen Vorbereitungsdienst in 24 statt in 18 Monaten absolviert, hofft er nun im Sommer 2024 sein Zweites Staatsexamen zu bestehen, um dann voll ausgebildeter Lehrer für Bautechnik und Mathematik zu sein. A propos Mathematik: Eins wurmt Mike Heinrich noch immer. In einer Vorlesung äußerte ein Dozent einmal, Mathematik müsse wehtun, sonst sei es nicht Mathematik.

 

Dabei wolle Heinrich als Lehrer doch genau das Gegenteil vermitteln. So wie seine Mathelehrerin in der 6. Klasse: „Sie hat mein damaliges Bild von Mathematik verändert und sie ist immer noch ein kleines Stückchen ein Vorbild für mein Selbstverständnis als Lehrer. Sie hat die Klasse mitgenommen. Wenn ich daran anknüpfen kann, ein paar vielleicht sogar für Mathe begeistern und bei manchen zumindest die Abneigung nehmen kann, dann habe ich schon so viel erreicht, wie ich mir nie hätte träumen lassen.“

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